Gezinkte Karten

Es gab jüngst im Bauausschuss unschöne Auseinandersetzungen darüber, wer ein Baumschutzgutachten einsehen darf, das die Grundlage für die Fällung dreier Linden auf dem Markt geliefert haben soll. Die Debatte dazu war überflüssig. Das Gutachten gehört in die Öffentlichkeit, ohne Wenn und Aber. Es ist mit öffentlichem Geld bezahlt und Interessen Dritter sind wohl kaum berührt. So etwas unter Verschluss zu halten, riecht nach Gutsherrenart. Oder nach einem Spiel mit gezinkten Karten.

In der Stadtratssitzung am 25. August gab es dann eine überraschende Wendung: Der Bürgermeister hatte plötzlich doch Einsicht gewährt. Allerdings nur in ein altes Baumgutachten von 2009.

Was soll dieses Theater? Die Fällung dreier Bäume im Jahre 2011 mit einem Gutachten von 2009 zu rechtfertigen, ist eine Frechheit. Im positivsten Falle kann man noch annehmen, dass die linke Hand in der Stadtverwaltung nicht weiß, was die rechte tut  – und es vielleicht doch noch ein neueres Gutachten gibt, das aber nicht einmal der Bürgermeister kennt.

Im schlimmsten Fall wäre es arglistige Täuschung. Denn dem Bauausschuss wurde, als es um die Fällung ging,  eine gewisse Eilbedürftigkeit eingeredet. Aus dem Gutachten von 2009 geht die nicht hervor.

Mit gezinkten Karten wurde schon oft gespielt, wenn es um den Markt ging. Und es ging schon immer um den ganzen Markt, auch wenn vordergründig nur Bäume zur Diskussion oder zur Disposition standen. Es ist die Wohnstube der Arnstädter, über deren Zukunft zu befinden ist. Und die Grundfrage lautet: Soll dort alles so bleiben wie es ist – oder könnte die Stube eine Renovierung oder einen Umbau vertragen? Und wenn es so wäre, was könnte und sollte dabei herauskommen?

Es ist sicher löblich und zeitgeistig, bei der Beantwortung Rücksicht auf den jetzigen Baumbestand zu nehmen. Aber Bäume haben nur eine gewisse Lebensdauer. Und es gibt auch Plätze, die ohne Bäume schön sind, der Arnstädter Markt war es früher übrigens auch. Ein Baum-Veto nutzt deshalb niemandem. Wenn es eine tolle Idee für den Markt gibt, für die die jetzigenBäume weichen müssten, sollte man sie nicht schon deshalb ablehnen. Es gibt eine Idee für den Markt, die manche toll finden: Der Bismarck-Brunnen soll dort wieder aufgestellt werden. Nicht an der gleichen Stelle wie früher, aber eben auf dem Markt. Das wurde schon öfters diskutiert, manche sagen sogar, es wurde beschlossen. Nur drüber geredet wurde zu wenig.

Der Markt ist nicht besonders groß, der Bismarck-Brunnen schon. Ängste, er könne den Markt »erschlagen« und die jetzige zentrale Stellung des Bach-Denkmals dauerhaft beschädigen, hat nicht nur der Künstler, der Bach einst für Arnstadt gestaltete. Damals übrigens gegen den Widerstand vieler Bürger. Deshalb sollte man auch nicht von vornherein sagen, dass der Bismarck-Brunnen nicht auf den Markt gehöre und alles so bleiben müsse, wie es ist. Man muss es sich ansehen und abwägen. Heutzutage kann man solche Dinge technisch simulieren. Und dann kann man darüber reden, ob es passt oder eben nicht. Das sollte man ohne Scheuklappen tun. Der Bismarck-Brunnen mag nicht jedem gefallen, aber er ist in jedem Falle eine einmalige Attraktion. Da er ohnehin nicht an seinen alten Platz zurückkehren soll, kann man auch über andere Standorte nachdenken. Aber bitte nicht mit dem Ziel, ihn möglichst zu »verstecken«.

Ob er auf den Markt passt, hängt aber auch davon ab, was man eigentlich mit dem Markt machen will. Einen Veranstaltungsort? Oder in Zukunft vielleicht einen lebendigen Treffpunkt wie den Wenigemarkt in Erfurt mit viel Gastronomie ringsum? Oder reicht es, ihn als Platz für die regelmäßigen Märkte weiter zu qualifizieren?

Diese Debatte muss öffentlich geführt werden und braucht Zeit. Der Stadtrat kann sie auf den Weg bringen und moderieren, allein führen darf er sie nicht. Denn dazu sind die Lager bereits zu ideologisch aufgerüstet. Und die Frage der Entwicklung des Marktes ist zu wichtig, als dass man sie Ideologen überlassen darf. Auch wenn sie in gutem Glauben handeln. So etwas wie die Marktentwicklung muss man in aller Ruhe besprechen. Vielleicht bei einem Glas Wein auf dem Markt.

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