Richtige Thüringer Klöße

In der "Henne" wird schon eine ganze Weile mit Klößen experimentiertMit den Klößen ist es ähnlich wie mit der Bratwurst. Auch die schmeckt, je nach Thüringer Region, etwas anders. Aber wenn irgendwo „Thüringer Bratwurst“ angeboten wird, kann man sich darauf verlassen, dass es sich lohnt, hineinzubeißen. Bei der Bratwurst wird das durch einen richtigen Markenschutz garantiert. Aber nicht nur der fehlt bei den Klößen.

Eigentlich kann jeder weißliche Bälle als Thüringer Spezialität anbieten, unabhängig davon, was drin ist, wie sie hergestellt wurden und wie sie schmecken. Ob der Biss lohnt, weiß man erst danach. Manchmal gelingt der Biss nicht einmal, weil der Kloß wie aus Gummi scheint. Jörg Becker, Wirt des Arnstädter Traditionshotels „Zur Goldenen Henne“, möchte das ändern. Er ist dem Kloß nicht erst verbunden, seit er ein altes handgeschriebenes Arnstädter Kochbuch von 1842 erworben hat und darin eines der wahrscheinlich ältesten Kloßrezepte fand. Das „Thüringer Koch- und Backbuch der Johanne Leonhard“ ist mittlerweile als Reprint erschienen und im Handel erhältlich – und Becker versucht seitdem mit seinem Team, die Klöße von damals originalgetreu nachzukochen.

Das erwies sich als gar nicht so einfach, denn der Gries-Anteil aus dem alten Rezept war zwar geschmacklich eine Bereicherung, machte die Klöße aber hart wie Betonkugeln. Also wird nun nur noch eine Spur Gries ins Kochwasser gegeben und ansonsten nach dem bekannten Kloßrezept der Großmütter verfahren: zwei Drittel Kartoffelschab, ein Drittel gekochter Kartoffelbrei , das Ganze zu Klößen formen, mit Semmelwürfeln füllen und in heißem Wasser ziehen lassen.

Das Ergebnis erfreut sich in der „Henne“ großer Beliebtheit. Denn die meisten Thüringer kennen zwar solche Klöße von früher, scheuen aber heute den Aufwand. Man verwendet Fertigprodukte, auch wenn die Klöße nicht so schmecken wie bei der Großmutter. Das gilt auch für viele Gaststätten, aber zum Glück nicht für alle. „Es gibt einen Trend zurück zum Originalkloß“, sagt Jörg Becker, „denn die Nachfrage ist vorhanden.“ Wenn man sich schon zu Hause nicht die Arbeit machen will, geht man gern auf einen guten Kloß in die Gaststätte wenn man weiß, wo die Klöße gut sind. In der eigenen Region spricht sich so etwas herum. Aber was, wenn man bei einem Wochenendausflug in einen anderen Landesteil Appetit auf Klöße hat? Oder wie erfährt der Tourist, wo er kloßmäßig mit Sicherheit auf den Geschmack kommt?

Jörg Becker hatte deshalb die Idee, eine Art „Thüringer Kloßroute“ zu entwickeln. Eine Karte, auf der Gaststätten zu finden sind, die richtige Thüringer Klöße anbieten. Entweder ständig auf der Speisekarte, nur an bestimmten Wochentagen oder auch nur auf Vorbestellung.
Letzteres ist offenbar ziemlich verbreitet. Denn wenn man weiß, wie viele Leute wann zum Klößeessen anrücken, kann eine Gaststätte wirklich nach Originalrezept kochen.

„Wenn man die Klöße auf der normalen Speisekarte anbietet, geht das eigentlich nicht“, sagt Jörg Becker. Denn der Schab, einmal hergestellt, muss sofort weiterverwendet werden, so lange er heiß ist. Warmhalten kann man ihn nicht.
Und auch die fertigen Klöße müssen aus dem Siedewasser gleich auf den Tisch. Wenn man aber erst mit dem Auspressen der Kartoffeln beginnt, wenn der Gast bestellt hat, müsste er zu lange auf die Klöße warten.
Deshalb schlägt Becker als Qualitätskriterium für Thüringer Klöße einen Kompromiss vor: Es darf fertiger Kartoffelschab aus Thüringer Produktion verwendet werden, aber die restliche Zubereitung muss nach dem Traditionsrezept erfolgen. Mit Schab-Produkten aus Heichelheim, Seebach bei Eisenach und Bad Tennstedt lassen sich aus seiner Sicht für den à-la-Carte-Betrieb Klöße herstellen, die als „echte Thüringer“ durchgehen können.

Ob dieses Kriterium das richtige ist, darüber kann man streiten. Solange es kein Qualitätssiegel für Thüringer Klöße gibt, ist es aber sicher ein Anfang. Jörg Becker würde sich jedenfalls über Tipps freuen, um nicht nur seinen Gästen weitere sichere Kloß-Adressen in Thüringen anbieten zu können. Den Kontakt findet man im Impressum seiner Internetseite  www.thueringer-klosshotel.de.

Dort hat er auch schon mal angefangen, seine „Kloßroute“ einzurichten, eine  findet sich eine Karte mit Gaststätten, die echte Thüringer Klöße anbieten. Bisher einziger Eintrag: das Gast- und Logierhaus „Goldene Henne“ in Arnstadt.

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