Beschädigter Beigeordneter

Ulrich Böttcher (Archivbild von 2008)Es gab in der jüngeren Vergangenheit einige absonderliche Dinge in der Kommunalpolitik. Da wurde über eine weitere ehrenamtliche Beigeordnete von der SPD nachgedacht, die das dann aber doch nicht wollte. Da gab es einen Antrag der Freien Wähler im Kreistag, den die SPD-Landratskandidatin mit dem Bürgermeisterkandidaten von Pro Arnstadt ausgekaspert hatte und der dann wegen der Kälte (nicht der politischen) nicht abgestimmt wurde. Und da gab es das Ansinnen, dem hauptamtlichen Beigeordneten eine Ausschreibung zu ersparen – und ihn damit unabhängig vom Ausgang der Bürgermeisterwahl eine Perspektive zu sichern. Auch das ging am Ende schief. Man hätte Ulrich Böttcher diese Niederlage ersparen müssen – und können.

21 Stadträte hätten im Arnstädter Stadtrat dafür stimmen müssen, dass auf eine Ausschreibung für die Stelle des Ersten Beigeordneten verzichtet wird. Es stand also nicht direkt die  Wiederwahl des Amtsinhabers Ulrich Böttcher (FDP)  an, aber eine Vorentscheidung. Wäre der Antrag angenommen worden, hätte für die Zeit nach dem 30. September nur noch er zur Wahl gestanden.  Das wäre, bei der allgemeinen Zufriedenheit mit der Arbeit Böttchers im Stadtrat, dann wirklich eine Formsache geworden. Und als Formsache schien zunächst auch dieser Antrag gedacht: Wenn schon keiner weiß, wer im April  Bürgermeister wird, soll wenigstens Klarheit über den zweiten Mann herrschen. Ein hehres Anliegen des scheidenden Bürgermeisters, der damit ein funktionierendes Haus hinterlassen würde, so könnte man wohlwollend meinen.

Doch für den Verzicht auf eine Ausschreibung braucht man eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dass sie wackeln könnte, war schon vor der Stadtratssitzung klar. Denn die Fraktion der „Linken“, die immerhin über 7 der 30 Mandate verfügt, hatte vorher angekündigt, einen Antrag auf Verschiebung der Abstimmung bis nach der Bürgermeisterwahl zu stellen. Und wenn der nicht durchkäme, wollten sie dagegen stimmen, dass auf die Ausschreibung verzichtet wird.

Öffentlich betonte Linken-Fraktionschef, dass er sich bei seinen Überlegungen vor allem von der Sorge um den Beigeordneten leiten ließe: „Wenn dieser Antrag nicht durchkommt, würde das für Herrn Böttcher demotivierend wirken“, gab Kuschel zu bedenken, bevor die Stadträte zur Urne schritten. Andere sprachen von der „Gefahr einer Beschädigung“. Es war schwer auseinanderzuhalten, was davon ernst gemeint war – und was nur scheinheilig.

Es stand damit mehr auf dem Spiel als nur die Frage, ob man ein Amt ausschreibt oder nicht. Es ging am auch um die Reputation von Ulrich Böttcher, der wegen der anhaltenden gesundheitlichen Probleme Hans-Christian Köllmers praktisch als Bürgermeister fungiert. Alle versicherten öffentlich, mit seiner Arbeit zufrieden zu sein. Aber geheime Abstimmungen haben eine eigene Dynamik. Und keiner wusste genau, wer vielleicht noch eine Rechnung offen haben könnte mit dem Mann, der seit Jahren so viele Entscheidungen gerade im Bauamt zu verantworten hatte.

Und es gab noch einen anderen Aspekt, der bei der Abstimmung eine wichtige Rolle spielte: Der Antrag kam vom jetzigen Bürgermeister, aber sein Nachfolger muss mit dem Ergebnis leben. Der Verzicht auf eine Ausschreibung sollte Kontinuität für das Rathaus signalisieren, die Hans-Christian Köllmer aber nur in einem Fall wirklich gewährleisten kann: Wenn sein Wunsch-Nachfolger Georg Bräutigam ihn im Amt beerbt. Die anderen Kandidaten müssen auf größtmögliche Spielräume nach der Wahl aus sein, auch beim Personal.

Jedes neue Stadtoberhaupt dürfte sicher froh sein, wenn er einen erfahrenen und loyalen Mann an seiner Seite hätte, einen Mann wie Ulrich Böttcher. Doch der scheidende Bürgermeister hat diesem integeren Menschen durch seinen Antrag den Ruf verpasst, zum „System Köllmer“ dazuzugehören. Das gab wohl den Ausschlag.

Es stimmten nur 18 Stadträte dafür, auf die Ausschreibung zu verzichten, neun waren dagegen, drei enthielten sich. Der Antrag war gescheitert.

Vielleicht ist die Beschädigung Ulrich Böttchers nicht ganz so groß wie vor und nach der Abstimmung  von einigen beschworen. Aber diese Personaldebatte hat Schaden angerichtet. Und sie hat niemandem genutzt.

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