Grüne Bohnen

Was wissen wir doch alles. Dass 333 irgendeine Keilerei stattfand, wer bisher alles den Titel des Dschungelkönigs oder der -königin errang, wie gerade das Wetter am Südpol ist oder die aktuelle Prozentzahlen der FDP und des Singe Malts unserer Wahl. Dabei vergessen wir oft, dass es so vieles gibt, von dem wir so gut wie nichts wissen. Von grünen Bohnen zum Beispiel.

Es begab sich am Sonntag, dass nach dem Frühstück frische grüne Bohnen geschnippelt wurden. Ich mochte den Geruch, der sich dabei ausbreitet, schon als Kind. Und so zögerte ich keine Sekunde, als ein Bohnenschnippel den Luftweg zu mir fand und biss zu.
„Aber der ist doch giftig“, hörte ich die sich sorgende Ehefrau sagen. Kann doch nicht sein, dachte ich. Was so verführerisch riecht und so frisch ist, kann doch nicht giftig sein.

Sicher gibt es Lebensmittel, bei denen man die Zähne heben sollte. Mit Kugelfisch spielen die Japaner gern russisch Roulette. Und wenn man schon von Bohnen redet, dann sind die blauen die gefährlichen. Aber unsere lieben grünen mitteleuropäischen Bohnen?

Pustekuchen. Die sind ursprünglich gar nicht mitteleuropäisch. Und ungekocht tatsächlich giftig. Ich war in eine veritable Wissenslücke gestürzt.

Was soll ich sagen, abgesehen von der unklaren bevorstehenden Reaktion meines Magen-Darm-Trakts auf den Verzehr dieses gefährlichen Monster-Gemüses fühlte ich mich ausgesprochen gut. Denn ich finde, es gibt kaum Schöneres, als sich bei einer Wissenslücke zu ertappen. Man kann sich so richtig bekugeln über sich selbst, der man doch ständig im Glauben gehalten wird, das Wesentliche über diese Welt schon beigebracht bekommen zu haben.

Ständig trifft man auf Menschen, die alles wissen. Finanzkrise? Kein Problem. Schwarze Löcher? Hab ich mir gerade persönlich angesehen. Mali-Konflikt? Sonnenklar. Das sind die Guten, das die Bösen und wir bringen das schon in Ordnung. Früher empfand ich in Gegenwart solcher Leute immer eine eigenartige Mischung zwischen Wut und Hochachtung. Bis ich begann, mir vorzustellen, dass diese Alleswisser vielleicht auch nicht wissen, wo sie nach dem letzen Fest den Weihnachtsbaumständer hingeräumt haben.

Nicht nur Irren ist menschlich, Nichtwissen auch. Man darf nur nicht stolz darauf sein, sondern muss es erkennen, ganz für sich allein. Dann kann Nichtwissen sogar richtig Spaß machen. Etwa, wenn man sich ins Bewusstsein ruft, was man wieder alles dazugelernt hat. Meine oberflächliche Bilanz seit Jahresbeginn: Wo Timbuktu liegt, wie man den Verkehrsfunk im Autoradio ausschaltet und dass grüne Bohnen ungekocht giftig sind.

Mein Magen-Darm-Trakt hat sich übrigens nicht verrückt machen lassen von meiner neuen Erkenntnis. Nicht die Bohne.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert