Huldigung im Hofe

Zum Tod von Bernhard Vogel: So nahm er 2003 Abschied aus der Politik

Hunderte Hände mussten Bernhard Vogel, Dieter Althaus und seine Frau Katharina am Sonnabend schütteln. In hochsommerlicher Hitze huldigten Vertreter von Politik, Wirtschaft, Kirchen und Verbänden dem neuen und dem alten Hausherrn in der Staatskanzlei. Letzterer bekam aber deutlich mehr Geschenke.

Der Barocksaal in der Staatskanzlei drohte am Sonnabendvormittag aus allen Nähten zu platzen. Georg Milbradt, der sächsische Ministerpräsident, wurde über einen Seiteneingang nach vorn gelotst, um keine Zweifel an der neuen Einigkeit in Mitteldeutschland aufkommen zu lassen. Katrin Göring-Eckardt, die bündnisgrüne Bundes-Fraktionschefin, lotste niemand. Für sie blieb nur ein Platz in der letzten Steh-Reihe. Neben Jürgen Gnauck, der kürzlich noch die Plätze in der Staatskanzlei zugeteilt hatte.

Es war kein offizieller Termin, es war Vogels Abschied für alle, die glauben, ihn verabschieden zu müssen. Landräte, Gerichtspräsidenten, Behördenchefs, frühere, heutige und künftige Politiker. Es war einer jener Tage, die nicht für die Gehuldigten gemacht sind, sondern für die Huldiger. Es wird penibel registriert, wer kommt und wer nicht.

Die PDS zum Beispiel ward überhaupt nicht gesichtet. Es kann aber auch gut sein, dass sie unterging. Im Gedränge.

Am Anfang war das Wort. Knappe Reden von Bernhard Vogel, der zusammenzählte, dass er in seinen Amtszeiten als Ministerpräsident insgesamt 50 Kollegen erlebt und 21 Minister allein in Thüringen in seinen Kabinetten hatte. Dann eine Replik von Dieter Althaus, die ebenfalls erfrischend kurz und sogar recht locker vorgetragen war. Dann drängte gegen das Protokoll noch Wolfgang Böhmer, der Ministerpräsident aus Sachsen-Anhalt, ans Mikrofon, von Dieter Althaus vorher zum mitteldeutschen Stubenältesten ernannt. Ein Chor sang Dankeschön, auf Wiedersehn, die Zeit mit dir war wunderschön. Und ab ging’s in den Hof der Staatskanzlei. Zu Häppchen, Blasmusik und Vorbeimarsch.

Unter einem großen Sonnenschirm notdürftig vor sengender Sonne geschützt, drückte Bernhard Vogel dreieinhalb Stunden alles, was man ihm hinhielt. Ob nun Hände oder Wangen. Daneben Dieter Althaus nebst Gattin Katharina, die jeweils danach drücken durften.

Jeder hatte mindestens ein Geschenk dabei, für Vogel. Es wurde nach der Überreichung ungeöffnet an die netten Protokolldamen nach hinten weitergereicht. Ein vorbereiteter Tisch reichte nicht. Hauptsächlich Wein und Zigarren, war der Form der Pakete und Päckchen zu entnehmen. Dieter Althaus bekam auch Geschenke. Es waren deutlich weniger. Vielleicht lag es daran, dass er nicht raucht und sein Weingeschmack in diesen Kreisen noch nicht so bekannt ist wie der seines Vorgängers.

Gut kam an, was uneingewickelt überreicht wurde. TA-Geschäftsführer Wilfried Goosmann löste allgemeine Heiterkeit mit zwei Bildern aus, die er dem Alten und Neuen übergab: Das Weimarer Goethe-und-Schiller-Denkmal, aber neben Goethe mit Vogel beziehungsweise Althaus. Dazu der Spruch: Mir ist es eins, wer unter mir regiert. Bernhard Vogel lachte herzlich. Dieter Althaus lachte auch. Es dürfte eines der wenigen Geschenke sein, die nicht in den Kellern der Staatskanzlei landen.

Nach gut dreieinhalb Stunden hatte es sich ausgratuliert. Für Vogel war es wohl nicht der letzte Abschied, er bleibt noch. Im Landtag, in der Bundes-CDU, in diversen Gremien. Für Dieter Althaus war es der Anfang. Er zeigte seiner Familie noch kurz seine Staatskanzlei, in der er heute zu arbeiten beginnt. Was von ihm zu erwarten ist, hatte er am Schluss seiner kurzen Rede im Barocksaal zusammengefasst:
„Wir werden die Probleme schaffen“.

(geschrieben am 10. 6. 2003)

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