Auch in Arnstadt ist gerade wieder das „Stadtradeln“ ausgebrochen. Ich habe den Sinn dieser Aktion nie verstanden (außer, dass sie für alle entsprechenden Beauftragten Punkte bringt), aber fahre gern Fahrrad. Also schauen wir doch mal, wie es ums Radeln in Arnstadt steht.
In Arnstadt kann man gut radeln, wenn man nicht gerade nach Arnstadt will. Es gibt den überwiegend autofreien Gera-Radweg Richtung Erfurt oder Plaue, der zwar auf dem Arnstädter Teilstück nicht gerade einen rennreifenfreundlichen Belag bietet, dafür aber jede Menge Natur. Es gibt nach Norden entlang der Ichtershäuser Straße sogar noch eine Fahrrad-Alternative (bis Ichtershausen). Man kommt recht flott nach Holzhausen oder Dornheim und neuerdings sogar ins Gewerbegebiet „Erfurter Kreuz“. Nur nach Arnstadt, also in die Innenstadt, ist es mit dem Fahrrad nicht so einfach.
Ein Beispiel: Der Radweg von N3 Richtung Arnstadt ist wirklich toll, ich finde auch die kurze Lücke am Lokschuppen verschmerzbar – schließlich wäre ein fahrradgerechter Bahnübergang ein teures Jahrhundertprojekt. Der Radweg wurde sogar über den „Schwarzen Weg“ bis kurz vor den Hauptbahnhof verlängert, aber dann ist eben Schluss. Bis zum Bahnhof könnte man ihn vielleicht im Rahmen der geplanten Sanierungsprojekte noch verlängern – aber wie dann möglichst autofern weiter Richtung Innenstadt? Eine radlerfreundliche Lösung wäre wohl nur auf Kosten der Autofahrer oder Fußgänger möglich.
Ähnlich ist es mit den Zufahrten aus Dornheim, Haarhausen oder vom Geraradweg Richtung Fußgängerzone. Zwar kann man in den Parks oder entlang der Wachsenburger Allee gut und sicher radeln, aber sonst kommt man nicht umhin, die vielbefahrenen Autostraßen zu nutzen. Gelegentlich, wie an der Kreuzung Wachsenburger Allee / Turnvater-Jahn-Straße, gibt es kurze Fahrradwege, aber sie enden im Nichts. Oder auf einem Fußweg.
In jüngster Zeit sind einige der Innenstadt-Fußwege (Turnvater-Jahn-Straße, Alter Friedhof) für den Fahrradverkehr freigegeben worden, mit Vorsicht und gegenseitiger Rücksichtnahme funktionieren sie auch leidlich. Aber richtige Fahrradwege sind sie eben nicht.
Eine Notlösung sind die gestrichelten Linien auf vielen Straßen, die Bereiche für Fahrradfahrer kennzeichnen sollen. Ich meide solche Wege mit dem Fahrrad, den sie bedeuten eigentlich nur mehr Stress für alle Verkehrsteilnehmer, wie man am Beispiel des Dammwegs gut beobachten kann.
Eine eigenartige Variante dieser Lösung gibt es an der Sparkassen-Kreuzung. Aus Richtung Landratsamt beginnt plötzlich ein gestrichelt abgetrennter Fahrradweg, der direkt vor der Kreuzung mit einem Geradeaus-Pfeil versehen ist, obwohl die Ampel nur Rechtsabbieger vorsieht. Dass sich laut Straßenverkehrsordnung die Radfahrer hier an der Bus-Ampel orientieren sollen, dürften die wenigsten wissen. Und was auf der Bus-Ampel für „grün“ steht, ebenfalls. Insider-Tipp: es ist das auf der Spitze stehende Dreieck.
Auch die Freigabe von Einbahnstraßen für Fahrradfahrer in der Gegenrichtung ist zwar an sich löblich, aber nicht immer eine gute Lösung. In der Längwitzer Straße funktioniert es ganz gut, in der Mozartstraße ist es dafür einfach zu eng.
Ist man dann doch in der Innenstadt angekommen, hören die Probleme nicht auf. Arnstadt ist eine alte Stadt, das Kopfsteinpflaster gehört zum Stadtbild – aber nicht zum Lieblingsuntergrund allen fahrenden Volkes. So tummelt sich auf den beiden schmalen glatten Streifen am Bustreff eben nicht nur Fahrradfahrer, sondern alles, was Räder hat, ob nun Roller, Kinderwagen oder Rollatoren. Verdenken kann man es ihnen nicht.
Eine Herausforderung für jede Fahrradfederung (falls vorhanden) ist die Gegend um den Riedplatz. Er ist nicht nur autobefahren, sondern besonders kopfsteinhuckelig. Wer sich traut, nutzt hier die wesentlich ebeneren, aber auch schmalen Bürgersteige. Freigegeben für Fahrradfahrer sind sie nicht, dazu sind sie zu schmal. Aber wenn man beachtet, dass die Fußgänger dort Vorfahrt haben, geht es eigentlich.
Überhaupt halte ich § 1 der Straßenverkehrsordnung für die wesentliche Voraussetzung, um sich in Arnstadt mit dem Fahrrad zu bewegen. So werden in der Ichtershäuser Straße die beidseitigen Fahrradspuren gern auch mal in der Gegenrichtung befahren, weil die Straßenübergänge so weit auseinander liegen. Da bringt es nichts, auf sein Recht zu pochen, gegenseitige Rücksichtnahme ist da das bessere Rezept. In der Fußgängerzone sollte man als Radler einfach vorsichtig sein, aber auch als Fußgänger einfach die Augen offenhalten.
Arnstadt ist sicher keine ideale Stadt zum Radeln, sie ist ja auch keine ideale Stadt zum Autofahren. Am besten kommt man hier immer noch zu Fuß voran. Wenn man die Bedingungen für Fahrradfahrer signifikant verbessern wollte, ginge das meiner Meinung nach nur auf Kosten der Fußgänger und / oder Autofahrer. Da ich neben dem Rad gelegentlich auch noch Auto fahre und außerdem Gernefußgänger bin, fände ich das nicht so prickelnd.
Aber vielleicht gibt es ja doch Ideen, wie man die Bedingungen für das Radeln verbessern könnte. Kommentare sind ausdrücklich erwünscht.