Joan Baez, der Mutter aller Liedermacher, zum 60. Geburtstag
Wenn sie die Stimme erhebt, ist alles so klar: Wir werden es schaffen, auch wenn es gerade jetzt nicht danach aussieht. Das war ihre Weihnachts-Botschaft 1972 in den Luftschutzkellern von Hanoi wie 1993 im Kriegsgebiet von Bosnien-Herzegowina.
Joan Baez wird heute 60, das Einmischen hat sie sich nicht abgewöhnen können. Ihre Helden sind die Verlierer. Sacco und Vanzetti (Ennio Morricone schrieb die Musik zu diesem Baez-Text) oder dem alten Dixie verhalf sie zu weltweiter Popularität, die Titel wiederum machten den Namen Joan Baez bis in den letzten Winkel des Planeten bekannt. Und auch bei jenen, die Folk nicht mochten, starb wenigstens noch ein gewisser Conny Kramer.
Eine ungewöhnliche Karriere für die Tochter eines mexikanischen Physikers und einer schottischen Lehrerin, die 1941 in Staten Island zur Welt kam. Doch als ihr Vater einen gut bezahlten Rüstungsjob aus Gewissensgründen aufgab, war die Pazifistin Joan geboren.
Sie hat eine Menschenrechtsorganisation gegründet, trat an nahezu allen Brennpunkten dieser Welt auf und mischte sich ein. Sie tut es noch heute, wenn auch etwas weniger und etwas leiser. Nur Ideologien, auch linke, sind ihr fremd geworden. In all den Aktionen habe sie sich selbst oft nicht mehr wiedergefunden, sagte sie. Also macht Joan Baez nicht mehr Weltrevolution, sondern singt gegen Kindesmissbrauch oder über das Schicksal illegaler Einwanderer. Und über Liebe.
Joan Baez war immer mehr als eine Sängerin, seit sie 1959 zum ersten Mal beim Newport-Festival auf die Bühne kletterte. Ihr verdankt Bob Dylan seinen Karriere-Durchbruch, sie machte Pete Seegers We Shall Overcome zur Hymne. Sie ist ein Stück Woodstock und das Symbol für die 68er überhaupt.
Aber erst, wenn sie die Stimme erhebt, ist alles so klar.