Riesige Rauchschwaden über dem Truppenübungsplatz Ohrdruf beunruhigten gestern viele Anwohner. Ein Großbrand im Militärgelände? Die Verantwortlichen winkten ab: Es werden nur Grünflächen vorsorglich abgebrannt, sogar zum Wohle der Natur. Das stieß besonders im Ilmkreis auf Verwunderung, denn dort sind solche Brenntage längst verboten.
Die Qualmwolken waren wirklich auf spezielle Art imposant, die gestern über dem Höhenzug zwischen Arnstadt und Gotha aufstiegen. Die Zahl der Anrufe bei Feuerwehr oder den Rettungsleitstellen waren es auch, aber von dort wurde zunächst Entwarnung gegeben: Das Feuer sei angemeldet und mit den zuständigen Stellen abgesprochen. Das bestätigte wenig später auch der Leiter des Truppenübungsplatzes, Hauptmann Andreas Müller. Es handele sich um Abflämmungen, sagte der Offizier, wir brennen kontinuierlich die Freiflächen ab. Dazu sei die Bundeswehr sogar laut Natur- und Umweltschutz verpflichtet. In der Tat wurde die Genehmigung dafür von der Unteren Naturschutzbehörde am 22. Februar für den Bereich des Birkigs auf dem Truppenübungsplatz als artenschutzrechtliche Maßnahme erteilt, sagt Adrian Weber, Pressesprecher des Gothaer Landratsamtes. Damit solle dem überhandnehmenden Strauch- und Grasaufwuchs begegnet werden, der den Lebensraum geschützter Arten beschneidet. Das betreffende Gebiet gilt zum Beispiel als Heimstatt von gefährdeten Arten wie dem Birkhuhn.
Ein kleiner Waldbrand nur für das Birkhuhn? Nicht nur. Für die Bundeswehr sei das Abbrennen auch eine Sache des vorbeugenden Brandschutzes, erklärt Hauptmann Müller. Wenn wir im Sommer schießen, dann zündet uns sonst die Leuchtspurmunition den ganzen Übungsplatz an.
Solche Erklärungen dürften vielen Kleingärtnern besonders im Ilmkreis sauer aufstoßen. Denn dort sind seit geraumer Zeit die früher üblichen Brenntage ganz verboten, aus Gründen des Umweltschutzes und der Belästigung. Im Kreis Gotha ist es den Kommunen überlassen, wie sie die Brenntage im Winterhalbjahr regeln. Aber zum Beispiel Gotha erlaubt das Verbrennen von Grünschnitt ebenfalls ganzjährig nicht.
So schauten viele mit offenem Mund gestern Richtung Truppenübungsplatz auf die dicken Rauchschwaden, die bei ihnen im Garten als unzulässige Feinstaubbelastung und Brandgefahr gegeißelt und geahndet würden – aber auf dem Truppenübungsplatz der Bundeswehr als artenschutzrechtliche Maßnahme und vorbeugender Brandschutz erlaubt worden sind. Warum wurden die Flächen eigentlich nicht gemäht?, fragt sich mancher. Aber der Gothaer Pressesprecher hat auch darauf eine Antwort: Man musste diesen Weg wählen, da die Flächen weder für die Beweidung noch fürs Mähen infrage kamen.
Die Fläche, die gestern brannte, war nach Aussage des Leiters des Truppenübungsplatzes etwa einen Hektar groß. Aber weil die Vegetation noch sehr feucht sei, gebe es leider die beobachtete enorme Rauchentwicklung. Und der Wind steht auch noch besonders ungünstig, sagt Hauptmann Müller.
Einen Trost haben aber alle Anwohner. Ab kommender Woche muss laut den Umweltschutzbestimmungen Schluss sein. Wahrscheinlich kommt dann das Birkhuhn.
Man hätte es sich denken können: Laut Wikipedia sind Birkhühner typische Bewohner der Kampfzonen des Waldes. Damit sind zwar nicht ausdrücklich Truppenübungsplätze wie der bei Ohrdruf gemeint, aber wenn es der Sache dient, sollen sie sich dort ruhig ansiedeln. Und wenn dazu ein Großfeuer nötig ist, das im Sinne der Feinstaub-Verordnungen als Katastrophenfall eingestuft werden müsste, muss es wohl auch sein. Die Naturschutzbehörde wird schon wissen, was sie genehmigt. Man darf allerdings gespannt sein, wie die Bundeswehr auf dem Gelände noch Schießübungen veranstalten will. Denn Birkhühner genießen eine ganzjährige Schonzeit.
Deshalb ein kleiner Tipp: Wenn sie auch mal was verbrennen wollen, sollten sie einen Kampfanzug dabei haben. Und, wenn es geht, ein obdachloses Birkhuhn.