Am 2. März 2012 könnte Thomas Gebser 20-jähriges Bestehen feiern. Denn am 2. März 1992 übernahm er die ehemalige DDR-Kaufhalle auf dem Rabenhold und betreibt seitdem dort einen Edeka-Markt. Die Jubiläumsfeier wird aber nicht stattfinden. Am 29. Februar 2012 ist der letzte Verkaufstag. Danach gibt Gebser das Geschäft auf. Er hat schon den Vertrag für das Objekt gekündigt.
„Es lohnt sich einfach nicht mehr“, sagt Gebser, „im Vergleich zu 2009 habe ich täglich 100 Kunden weniger“. Schuld daran ist aus seiner Sicht nicht die wachsende Zahl von Lebensmittelmärkten in der Stadt, sondern die Entwicklung der Einwohnerzahl im Wohngebiet am Rabenhold selbst.
Es gibt Blöcke, die ganz leer stehen. Und in den anderen gibt es ebenfalls eine größere Zahl freier Wohnungen, Tendenz steigend. Allein die WBG Arnstadt, einer der Großvermieter, vermeldet am Rabenhold 50 Prozent Leerstand – trotz moderater Mieten. Ein Block steht sogar schon seit längerer Zeit zum Abriss an. Das dies noch nicht geschehen ist, hat rein formale und finanztechnische Gründe. „Alle Beteiligten sind sich einig, dass das Wohngebiet so nicht erhalten werden kann. Die Häuser funktionieren zwar, dennoch gibt es hier einen permanenten Wegzug“, hatte WBG-Geschäftsführer Andreas Adolf schon im Sommer anlässlich seiner Bilanz für 2010 gesagt.
Eine Entwicklung, die wohl kaum noch zu stoppen ist. Sie steht allerdings im krassen Gegensatz zum allgemeinen Trend: In Arnstadt nimmt die Nachfrage nach Wohnungen wieder stark zu. Sowohl Häuser werden gesucht, aber auch Wohnungen in guter Lage. Und dass die Lage am Rabenhold gut ist, ist unbestritten. Es bietet sich von dort ein traumhafter Blick über die Stadt, es gibt eine gute Busanbindung, Schule und Kindertageseinrichtung sind zu Fuß zu erreichen und der Wald liegt vor der Haustür. Doch während am anderen Ende der Stadt gerade neue Wohngebiete erschlossen werden, hält sich das Interesse am Rabenhold bei möglichen Neumietern stark in Grenzen. Das kann auch nicht nur daran liegen, dass es sich um ein Plattenbau-Gebiet handelt. In anderen Vierteln, zum Beispiel im Ost- und Westviertel, treten die Leerstandsprobleme längst nicht so verschärft auf wie auf dem Rabenhold. Das Gebiet genießt offenbar keinen guten Ruf. Warum auch immer.
Für Thomas Gebser ist entscheidend, dass immer weniger Leute zum Einkaufen kommen. „Die Entwicklung beobachten wir schon eine ganze Zeit“, sagt der Händler, „aber dass es so schnell geht, haben wir nicht gedacht“. An der Konkurrenz, zum Beispiel durch einen Discounter in der Nachbarschaft, liegt es aus seiner Sicht nicht. „Dort waren schon verschiedene Discounter“, sagt Gebser, aber die haben kein Voll-Sortiment“. Es ist die demografische Entwicklung, die sich am Rabenhold deutlich zeige. Und deshalb wird es den Edeka- Markt ab März nicht mehr geben. Die fest angestellten Mitarbeiter erhalten das Angebot, in Gebsers anderen beiden Filialen im Arnstädter Ostviertel und in Langewiesen weiterzumachen. Dass sich ein anderer Betreiber für den Markt findet, glaubt Gebser nicht. „Er hätte wohl die gleichen Probleme.“
Auf dem Rabenhold gab es sogar Gerüchte, dass der Discounter „Norma“ ebenfalls vor der Schließung stünde. Das dementierte aber ein Firmensprecher: Solche Pläne gibt es nicht, wir bleiben“. Ein schwacher Trost für die Bewohner.