Hunderte Besucher kamen am Samstag, um den neuen Superstar unter den Arnstädter Sehenswürdigkeiten zu bestaunen: Das Schmelzzimmer im Schlossmuseum. Dabei ist das Zimmer weder neu noch besonders gut in Schuss, es muss dringend restauriert werden. Aber es ist vor allem dank seiner Wiederentdeckerin in kurzer Zeit zu einem Symbol zweier so rarer Arnstädter Güter geworden: Selbstbewusstsein und Stolz auf die Stadt.
„Jeder Arnstädter kann stolz sein, in dieser Stadt zu leben.“ Das Fazit von Museumsdirektorin Antje Vanhoefen nach der Führung durch das Schmelzzimmer im maroden Nordflügel des Neuen Palais klingt überzeugend. Das Zimmer ist in bestimmter Hinsicht weltweit einmalig – genau wie die Puppensammlung „Mon Plaisir“ oder der Original-Spieltisch der Bach-Orgel aus der heute nach dem Künstler benannten Kirche. Allesamt Exponate im Arnstädter Schlossmuseum, das lange Zeit in der Stadt eher als Klotz am Bein des Kulturbetriebs wahrgenommen wurde: Wegen der maroden Bausubstanz finanziell ein Fass ohne Boden, zu wenig Besucher und zu wenig Ausstrahlung nach außen.
Seit Antje Vanhoefen im April 2014 die Leitung des Hauses übernahm, hat sich das gründlich geändert. Alle Thüringer Medien berichteten groß über das Schmelzzimmer und den Schatz an historischen Büchern, der im Neuen Palais ungehoben vor sich hin schlummerte und wegen Schimmels zu vergammeln drohte. Und spätestens seit einem Fachsymposium zum Schmelzzimmer Ende August weiß auch die Fachwelt, was für ein Kleinod man in Arnstadt bewundern könnte, wenn die Sanierung endlich einmal etwas schneller vorankäme.
Dabei gibt es dieses Schmelzzimmer schon seit hunderten Jahren dort im Nordflügel, es war früher sogar Teil des Rundgangs, Abdrücke von Vitrinen auf dem Fußboden zeugen davon. Aber das Beispiel zeigt: Es reicht nicht etwas zu haben, man muss auch in der Lage sein, eine Marke daraus zu machen. Antje Vanhoefen hat nicht nur das in kürzester Zeit geschafft, sondern es auch noch verstanden, diese Marke den Menschen nahezubringen, wie der Besucheransturm zum Tag des Offenen Denkmals zeigt. Die von leeren Stadtkassen und Ränkespielen in der Stadtpolitik gebeutelten Arnstädter nehmen dankbar zur Kenntnis, dass ihre Stadt eben doch etwas Besonderes ist. Denn genau das vermittelt die Geschichte, die sich um die Entstehung des Schmelzzimmers und des Neuen Palais rankt.
Die kostbaren Wandbespannungen im Nordflügel des Museums müssen demnächst abgenommen werden, der Raum ist stark sanierungsbedürftig. Wann dann die teure Restaurierung in Angriff genommen werden kann, steht in den Sternen. Aber das Schmelzzimmer ist aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Und jeder, des es gesehen hat, geht wieder etwas fröhlicher durch die Stadt.
Ein Gedanke zu „Mehr Schmelzzimmer bitte!“