»Sycofix« kannte jeder in der DDR. Damit befestigten ganze Generationen ihre Raufaser-Tapeten. Doch die Tradition reicht viel weiter zurück: Schon 1911 gründete der Chemiker Edmund Sieder in Plaue die wohl älteste Kleisterfabrik Deutschlands. »Mit Ihrem Kleister wurden wahrscheinlich schon die wunderbarsten Jugendstil-Tapeten geklebt«, sagte Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, die extra zum Gratulieren angereist war. Denn es kommt nicht oft vor, dass eine Firma ihr 100-jähriges Bestehen feiern kann.
Die Firma heißt noch heute »Sieder« nach ihrem Gründer. Aber die jüngere Firmengeschichte bestimmte die Familie Wiegand. Vater Horst, heute 75, übernahm 1985 das Unternehmen, das seit seiner Gründung immer in Privatbesitz war. Seit 2002 steht sein Sohn Mike an der Firmenspitze. Und der zog zum Jubiläum nicht nur eine recht gute Bilanz, sondern zeigte sich auch optimistisch, was die Zukunftschancen betrifft.
Das sah nicht immer so aus, gerade nach der Wende. Da wurde zwar renoviert im Osten, dass es für jeden Tapetenleimhersteller eine Freude war, aber es drängten viele Konkurrenten aus dem Westen auf den Markt. Und nicht alle Handelsketten setzten auf »Sycofix«. »Wir haben schnell gemerkt: Ein Standbein allein reicht nicht. Und wir müssen unsere Märkte über den Osten hinaus erweitern«, sagte der Firmenchef. Was heute im Angebot ist, nennt er »komplettes Renovierungsprogramm mit hochwertigen Produkten«.
Zur alten Marke »Sycofix« ist noch »Sophia« hinzugekommen. Und die Produkte werden bis in die Schweiz vertrieben, wie Wiegand stolz berichtet: »Und die Partner dort zahlen sogar im Voraus«. 15 Mitarbeiter hat das kleine Unternehmen gegenwärtig, die Marktchancen seien »so gut wie nie«, sagt der Chef. Aus der Baumarkt-Belieferung will sich Sieder ganz zurückziehen, nur noch den Fachhandel bedienen und über die Zusammenarbeit mit der Bauhaus-Universität Weimar neue innovative Produkte entwickeln. Für die Zukunft sind jährlich 5 bis 8 Prozent Volumenwachstum angepeilt, ab dem kommenden Jahr will Sieder auch selbst Lehrlinge ausbilden. Dieser optimistische Blick in die Zukunft kam nicht nur bei der Ministerpräsidentin gut an. Auch der Stadt Plaue wäre zu wünschen, dass die kleine Firma auf Erfolgskurs bleibt.