Eigentlich ist es zum Heulen. Denn mit einer Entscheidung zum ambulanten Verkauf von Imbisswaren hat der Bundesfinanzhof das vorhandene Steuer-Durcheinander noch erweitert und dabei eine Thüringer Kernkompetenz empfindlich berührt: Die Bratwurst. Die Folge des Richterspruchs: Wieviel man für eine Bratwurst bezahlen muss, hängt von der Verzehrlage ab. Beißt man im Stehen hinein, sind beim Kauf 7 Prozent Umsatzsteuer fällig. Im Sitzen sind es 19 Prozent.
Doch der Verein der Freunde der Thüringer Bratwurst ist dafür bekannt, alles in dieser verrückten Welt ernst zu nehmen – außer sich selbst. Und so begannen nach Bekanntwerden der Entscheidung sofort die Überlegungen im Bratwurst-Museum Holzhausen, wie man damit umgeht. Denn man kann sich, was bisher steuerlich unbedenklich erschien, dort auch hinsetzen. Ein Umstand, der nun fast kriminell erscheint.
„Damit die Besucher künftig in den Genuss des verminderten Steuersatzes kommen, erwägt das Museum, alle Sitzmöglichkeiten zu entsorgen“, so die erste Reaktion von Verbandsvorsitzendem Uwe Keith. Eine auf den ersten Blick steuerlich saubere Lösung, die aber ihre Tücken hat. Denn was passiert, wenn die Besucher sich mit der Bratwurst auf eine Treppe, eine Mauer oder gar auf eine Holzbratwurst setzen?
Eine Erklärung jedes Bratwurstkunden wäre wohl die Lösung, so Keith. Und er hat auch schon eine Formulierung parat: „Ich verpflichte mich an Eides statt, Bratwurst und Brötchen bis zum letzten Bissen im Stehen zu konsumieren. Sollte ich diese Verpflichtung verletzen, werde ich die Steuerdifferenz von 12 Prozent direkt an das Finanzamt Ilmenau überweisen.“
Bei näherer Betrachtung durch die Bratwurstfreunde, es könnte auch schon etwas Bier mit im Spiel gewesen sein, tut sich aber eine weitere ungeahnte Gesetzeslücke auf. Denn der Bundesfinanzhof hat zwar klar geregelt, welche Steuer im Sitzen und im Stehen fällig wird, aber was ist mit dem Verzehr von Rostartikeln im Hocken, Liegen oder gar Fliegen?
Diese Überlegung klingt nur für den abwegig, der länger nicht im Bratwurstmuseum in Holzhausen war. Denn dort steht seit einigen Tagen ein ganz besonderes Prunkstück, eine „Bratwurstschaukel“. Die hat ursprünglich nichts mit dem Steuerdurcheinander zu tun, sondern ist eine Idee aus Amerika. „Dort haben wir solche Imbiss-Schaukeln gesehen“, sagt Bratwurst-Vereinsvize Thomas Mäuer, „und deshalb wollten wir auch so ein Exemplar“.
Das ist nun da. Gefertigt im Betrieb von Hermann Stuckatz in Bad Berka, lädt die mit Bratwurstsymbolen verzierte Schaukel zum Verweilen ein – und zum Verzehr, weder im Stehen noch im Sitzen. Uwe Keith: „Wir lassen gerade prüfen, ob das Bratwurstessen im Fliegen nicht gänzlich steuerfrei ist.“ Unmöglich scheint das nicht, gerade in Holzhausen.
Aber eine Frage bleibt auch dann noch, rein steuermäßig: Was ist, wenn ein steuerpflichtiger Mensch einem (irgendwie ja auch steuerpflichtigen) Hund eine Bratwurst gönnen will? Uwe Keith vermutet, dass diesem Problem kaum beizukommen ist. Denn normalerweise verzehren Hunde Würste im Stehen. „Aber was ist, wenn Pfiffi dabei Sitz macht?“