Baustellen müssen sein. Zum Beispiel ein längst überfälliger Anschluss an die Kläranlage. Nur, wenn man mittendrin wohnt in so einer Baustelle, beschleichen einen manchmal doch Zweifel, ob das alles mit rechten Dingen zugeht.
Nein, ich will mich nicht darüber auslassen, was bisher mit alldem passierte, was daheim so die Kloschüssel passierte. Ich sage nur: Kleinkläranlage, Baujahr um 1970. Da lässt sich nicht mehr viel klären. Und hintendran an der alten Anlage war eigentlich nur die Gera. Den Anglern am Wehr habe ich das nie gesagt, aber selber geangelt hätte ich wohl nicht.
Das sollte nun anders werden, erklärte uns der nette Mann vom Zweckverband zur Bürgerversammlung. Wir würden an die schöne große Kläranlage in Ichtershausen angeschlossen. Es war Mitte Mai und er sprach von Vollsperrung der Straße bis Mitte August. Aber natürlich nicht die ganze Zeit. Wenn das Rohr drin sei, werde die Straße wieder zugemacht.
Das ist nun zweieinhalb Monate her. Ich weiß nicht, wie oft seitdem die Straße auf- und zugemacht worden ist. Große und kleine Rohre, Zuflüsse und Abflüsse, Grundstücksanschlüsse und Straßenentwässerung wurden jeweils einzeln in Angriff genommen. Langsam konnte ich sogar die Bagger unterscheiden (zuweilen waren bis zu fünf gleichzeitig im Einsatz). Sie baggerten nahezu ununterbrochen. Samstags eingeschlossen. Und wenn nicht aufgebaggert wurde, wurde zugebaggert.
Auch für Unterhaltung war gesorgt, wir lernten ein neues Glücksspiel kennen: Mülltonnen-Roulette. Denn am ersten Bauwochenende blieben natürlich unsere Mülltonnen ungeleert stehen, es war ja aufgebaggert. Kein Problem, sagte der nette Abfallberater vom Landratsamt, er stelle das durch.
Seitdem kommt immer, wenn Müll-Zeit ist, einer der großen Bagger und nimmt die Tonnen auf die Schaufel. Es gibt offenbar einen geheimen Übergabeort an den vertrauten Müllentsorger, der uns aber verborgen blieb. Uns interessierte eher die Frage, wie wir wieder zu den Mülltonnen kommen.
Am Anfang lief es noch, sie kamen per Bagger zurück. Doch dann wechselte irgendwie die diensthabende Baufirma ( und die Tonnen waren eine Woche lang verschwunden.
Was folgte, war ein Spiel. Wenn es abends auf der Straße rumpelte, hieß das: Ein Nachbar war fündig geworden. Und dann brauchte man nur noch die paar hundert Meter Baustelle abzulaufen, bis man eine Mülltonne fand. Nach denen zu suchen, die eigentlich zum Haus gehören, haben wir längst aufgegeben. Hauptsache grau und leer. Man wird bescheiden beim Mülltonnen-Roulette.
Die Straße sollte übrigens wieder gepflastert werden, hatte es vorher gehießen. In dieser Woche ist das Pflaster überraschend herausgerissen und eine Bitumendecke aufgebracht worden. Aber solche Kleinigkeiten stören uns schon lange nicht mehr. Könnte es doch bedeuten, dass vielleicht das Ende des Martyriums naht. Aber sicher ist da keiner in der Straße. Denn die Bagger sind alle noch da.
Trotzdem: Wir sind jetzt dran an der großen Kläranlage. Wenn wieder einmal einer angelt am Wehr, werde ich es ihm wohl stolz erzählen.