Wir haben uns einen neuen Bundespräsidenten wählen lassen, die öffentliche Anteilnahme war nahezu schweinsteigerisch. Aber der Vorgang zeigt auch: Jeder sieht in dem Amt, was ihm sonst im Leben fehlt. Einen Ersatzkaiser, eine richtige Opposition, ein besseres Verfassungsgericht oder eine Lena der Politik. Dabei ist der Hausherr im Berliner Schloss (da gibts nämlich schon eines) einfach nur der Toaster, der auf Staatsempfängen das Buffet frei gibt. Und das kann der Wulff wahrscheinlich gar nicht mal so schlecht.
Warum eigentlich die Eile bei der Wahl des Bundespräsidenten? Hätte man damit nicht bis nach der WM warten können, wenn es wahrscheinlich für die Medien gar nichts mehr zu berichten gibt? Man konnte nicht. Denn von langer Hand, da köhlerte es noch im Schloss Bellevue, war für den Freitag am Ende dieser denkwürdigen Wahlwoche der Empfang des Bundespräsidenten für das verdiente Volk terminiert worden. Die Einladungen waren längst raus, als Horst hinwarf. Und es bestand die Gefahr, dass die Fete am Freitag ohne Eröffnungs-Toast auskommen musste. Ein Empfang beim Bundespräsidenten ohne Bundespräsidenten als Toaster?
Also musste halt schnell einer gewählt werden, wer halt so da, noch nicht im Urlaub und einigermaßen Schwiegermutter-tauglich war. Deshalb fielen die nette Oma und der komische Liedermacher auch frühzeitig aus dem dreistufigen Casting, Schwiegermutter-Recalls gabs schließlich nur noch für Wulff und Gauck. Und am Ende hat der bessere Schwiegermutter-Typ eben gewonnen.
Natürlich darf man das alles nicht so sehen, der Würde wegen. Die hat schon der Vorgänger als einzige Daseinsberechtigung empfunden, was ihm schließlich den selbst verordneten Rückzug einbrachte. Denn wenn wir uns schon über die Kanzlerin und alle Welt sonst lustig machen, muss es doch einen geben, der als Fleisch gewordene Würde über allem thront, wie Monarchen eben.
Ist zwar schon etwas länger her mit dem Kaiser in Deutschland, aber auch hinterher hielt sich im Lande die Unsitte hartnäckig, einem Unfehlbaren huldigen zu wollen. Mindestens bis 1989 in einem Teil der Republik. Aber man könnte ja auch mal über die These nachdenken, ob es die Wiedervereinigung auch gegeben hätte ohne einen Kanzler, der schon was vom lieben Gott hatte und auch noch wie Buddha aussah.
Erinnert sich eigentlich noch einer daran, wer zur Wende Bundespräsident war? Eigentlich ein hoch geehrter Mann, aber mit der Wiedervereinigung bringt ihn irgendwie keiner in Verbindung.
Dafür muss, wenn es um die führende Rolle des Buprä geht, immer ein ruckredender Bayer herhalten. Aber muss man denn wirklich ein ganzes Schloss voller Leute vorhalten, nur damit einer solche folgenlosen Pseudo-Standpauken hält? Reicht es denn nicht, dass wir Hans-Ulrich Jörges haben? Die meisten Leute, die jetzt lieber Gauck als Schlossherren gesehen hätten, wünschten sich irgendwie wohl einen nörgelnden Alten auf dem Muppet-Show-Balkon, der der Kanzlerin (nee, auf eine sich hier anbietende billige Metapher sollte man verzichten) regelmäßig in die Suppe spuckt. Wäre das staatstragend? Höchstens oppositionsverstärkend. Aber da hätte man lieber einen von der FDP nehmen sollen.
Lena wäre vielleicht nicht schlecht gewesen. Die haben alle lieb, die hat Euro-Visionen und die weiß, wie man sich zurückhält, wenns drauf an kommt. Aber da ist nun wieder der Jugendschutz vor: Leuten unter 40 darf der Buprä-Knochenjob aus humanitären Gründen nicht angetragen werden. Aber immerhin könnte man sie als Königsmacherin sehen: Kaum hat die Merkel im Fernsehen gesehen, wie Lena neben dem Christian auf dem Hannover Airport International rumstand, hat sie schon beim Landesvater der Gewinnerin angerufen.
Nein, Wulff ist die absolut richtige Wahl für den Bundespräsidenten, wie ihn sich die Bundesrepublik als Amt zusammengebastelt hat. Einer, der auf Empfängen eine gute Figur macht, der einen kennt, der Gesetze überprüfen kann, der Afrikaner nicht mit „liebe Neger“ anredet und eine hübsche Frau hat, die sich allerhand Karitatives ausdenken kann. Der Schwiegermütter zum Schwärmen bringt und Bänder durchschneiden kann, ohne den Finger dazwischen zu haben. Mehr haben wir nicht gewollt.
Einen tapferen kleinen Toaster, der nichts anbrennen lässt.