Wofür sollten die unterirdischen Anlagen im Jonastal zu Nazi-Zeiten wirklich dienen? Und war Hitler jemals dort? Fragen, die Heerscharen von Forschern und Verschwörungstheoretikern beschäftigen. Zumindest auf die letzte gibt es jetzt eine überraschende Antwort. Ja, er war da und hat sogar aus dem Fenster gesehen. Zumindest am ersten Maiwochenende 2011.
Am 2. Mai gab es in der Nähe von Arnstadt einen spektakulären Polizeieinsatz. Das SEK, die für knifflige Lagen ausgebildete Spezialeinheit aus Erfurt, hatte diesmal eine Aufgabe zu bewältigen, die sicher nicht im Handbuch für Polizisten steht: Der Ausbau eines Fensters und die „Verhaftung“ eines Untoten, der noch immer durch die Gedanken vieler selbst ernannter Jonastal-Spezialisten geistert. Denn unter dem Bienstein und hoch über der Straße sah seit einigen Tagen das Foto von Adolf Hitler aus einem kleinen Fenster. neben einer Gardine sind schemenhaft auch zwei Solarzellen zu sehen, die möglicherweise das gespenstische Szenario sogar nachts erleuchten sollten. Das SEK musste sich, um das Corpus delicti zu entfernen, oben vom Bienstein abseilen, denn nicht einmal die Leitern der Arnstädter Feuerwehr waren lang genug gewesen, um das Problem von unten zu lösen.
Wer das Fenster sorgfältig mit Bauschaum hoch oben am Felsen anbrachte, ist bis heute ungeklärt. „Der Staatsschutz ermittelt gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verwendung verfassungswidriger Organisationen, da die Anbringung des Hitlerbilds strafbar sein könnte“, sagte Dieter Günther von der Polizeidirektion Gotha. „Aber es ist schon klar, dass dieser Auffassung nicht jeder Staatsanwalt folgen würde“.
Denn außer dem Bild fehlte jegliche braune Symbolik – und in der rechtsextremen Szene wird bisher überhaupt nicht auf das Fenster Bezug genommen. Im Gegenteil: In Internetforen, die sich mit der Geschichte des Jonastals befassen, wird gemutmaßt, dass es Leute waren, die sich lustig machen wollten über all die Verschwörungstheorien in Zusammenhang mit der Geschichte der Region.
Das Jonastal ist immer gut für Geheimnisvolles. Erst jüngst wurde auf einem Treffen in Crawinkel festgestellt, dass sich zwar einerseits die Forschungen um die Stollen immer weiter voran kommen, andererseits aber die Verschwörungstheorien und Falschmeldungen in noch größerer Zahl zunehmen. Denn die Stollen im Jonastal sind weitgehend dicht. Und so kann jeder das absonderlichste Zeug darüber verbreiten, was sich hinter den Felsen tatsächlich verbirgt oder früher verborgen hat. Mit Sicherheit könnte man es nur widerlegen, wenn man den gesamten Berg öffnet. Aber dies ist sowohl vom Aufwand als auch von den Besitzverhältnissen her in der nahen Zukunft nicht zu erwarten.
Und so halten sich seit 60 Jahren hartnäckig Gerüchte über eine unterirdische Atomfabrik, sonstige Wunderwaffen oder oberirdische Atomtests. Einige wollen sogar wissen, dass heute noch in der Tiefe gearbeitet wird – in stiller Übereinkunft zwischen Nazis, Amerikanern und Russen.
Eine These, wofür die Stollen damals dienen sollten, ist tatsächlich ein Ausweich-Führerhauptquartier. Das meinen auch seriöse Forscher wie Klaus-Peter Schambach aus Crawinkel oder Peter Schmidt aus Ohrdruf. „Aber nur in Zusammenhang mit anderen Führungsstäben in der Region“, sagt Schmidt. „Denn in die Stollen im Jonastal wäre der Führer wohl nicht eingezogen.“