In dieser Woche meldete die Arnstädter Stadtmarketing eine Neuheit im Angebot der Tourist-Information: Bratwurst in der Dose. „Ab jetzt können nicht nur Touristen die leckere Thüringer Bratwurst als Mitbringsel erwerben – gerade an heißen Tagen lassen sich die Bratwürste prima in der Dose transportieren“, hieß es in einer Mitteilung, die zu einiger Aufregung in der Region führte. „Eiserne Bratwurstfrevler“ schrieb die Südthüringer Tageszeitung „Freies Wort“ auf der ersten Seite (der Betrag ist leider nicht online) und geißelte die „Arnstädter Erfindung“ als „Verstoß gegen die Regeln des guten Geschmacks“. Aber auch sonst machte sich Verunsicherung breit: Sind die Würste in der Dose schon gebraten? Oder soll man gleich die ganze Dose auf den Rost legen?
An diesem speziellen Beispiel ist wieder einmal gut zu erkennen: Auch die Geschichte der Thüringer Bratwurst ist voller Missverständnisse. Zum einen: Die Wurst in der Dose ist gar keine Arnstädter Erfindung. Sie wird schon seit einigen Jahren in Apolda produziert. „Wir verzeichnen steigende Absatzzahlen“, sagte gestern der Geschäftsführer von „Thüfleiwa“ Apolda, Thomas Kämmerer, „etwa 1500 Dosen pro Monat“.
Drin in der Büchse sind vorgebrühte Rohwürste in einer Lake. „Die Zielgruppe des Produkts sind nicht die Thüringer, sondern Touristen“, sagt Kämmerer. Das sieht auch Uwe Keith so, als Geschäftsführer des „Herkunftsverbands Thüringer und Eichsfelder Wurst und Fleisch“ sowie als Oberhaupt der „Thüringer Bratwurstfreunde“ so etwas wie der ultimative Experte in Sachen Rostkultur. „Die Wurst in der Dose ist nicht der Untergang des Abendlandes“, sagt Keith, „Wir vertreiben sie auch bei uns im Bratwurstmuseum Holzhausen“.
Hintergrund der Erfindung ist die Tatsache, dass gebratene Würste nur schmecken, wenn sie direkt vom Rost kommen. Die „Deutsche Hackfleischverordnung“ verbietet es aber, ungebratene Rohwürste länger als 24 Stunden ungekühlt aufzubewahren. Nur was macht der Tourist, der noch einige Tage unterwegs ist, aber seinen Lieben daheim einen Eindruck vermitteln will, wie die Thüringer Bratwurst schmeckt? Da kommt das Apoldaer Produkt ins Spiel. Er nimmt sich eine Dose mit und legt die vier Würste auf den Rost. Oder haut sie in die Pfanne.
Das passiert schon seit einigen Jahren so. Und viele Touristen sind darüber sehr glücklich, sagen alle Beteiligten. Dass die Debatte über die Dosen-Wurst gerade jetzt hoch kommt, hängt damit zusammen, dass die Arnstädter Stadtmarketing GmbH mit den Apoldaern eine spezielle Edition auf den Markt gebracht hat – mit vier unterschiedlichen Arnstädter Motiven, gedacht als Souvenir für Touristen. Mehr nicht.
„Ein Thüringer würde sich so eine Dose auch nicht kaufen“, sagt Uwe Keith. „Da holt man sich die Würste vom Fleischer und dann gleich auf den Rost.“