In der Arnstädter Kommunalpolitik passieren gegenwärtig sonderbare Dinge. Solche, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Aber die, fügt man sie zusammen, nur einen Schluss zulassen: Es ist Wahljahr. Und da werden die Karten, bevor sie auf den Tisch kommen, manchmal ziemlich überraschend neu gemischt.
Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Posten eines zusätzlichen ehrenamtlichen Beigeordneten in der Stadt Arnstadt. Darüber soll, so ist aus den Fraktionen des Stadtrats zu hören, schon in der Sitzung im Februar eine Entscheidung getroffen werden, auch personell. Und es ist dazu nur ein einziger Name im Gespräch: Martina Lang, die Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat.
Die Notwendigkeit, eine weitere Person mit administrativen Aufgaben in der Stadtspitze zu betrauen, ist in der jetzigen Lage nahezu zwingend. Denn Bürgermeister Hans-Christian Köllmer ist sehr oft krankheitsbedingt nicht da. Und sein Beigeordneter Ulrich Böttcher hat als Vertreter nur den ehrenamtlichen Beigeordneten Horst Höhne. Der muss sich aber, so hört man, demnächst einem längeren Klinikaufenthalt unterziehen. Damit müsste Ulrich Böttcher praktisch alles alleine machen – von der Dienstberatung über den Job im Bauamt bis zum Jubiläumsbesuch bei der Eisernen Hochzeit. Da wäre es gut, wenn noch jemand da wäre, der wenigstens einige Termine abnehmen könnte. Und Martina Lang gehört zu den Personen im Stadtrat, die sicher auch eine solche Funktion gut ausfüllen könnten. Allerdings müsste sie dann den Fraktionsvorsitz in der SPD abgeben – nur zwei Monate vor der Bürgermeisterwahl. Und es wäre ein Bruch mit einer jahrelangen Tradition, in der „Pro Arnstadt“ und die CDU gemeinsam die Stadtspitze repräsentiert haben.
Die Annäherung zwischen der jetzigen Bürgermeisterfraktion und der SPD – und gleichzeitig die Abkehr vom Bündnis „Pro Arnstadt“ und CDU – ist derzeit noch auf einer anderen Ebene zu beobachten. Wenn es darum geht, die Position Arnstadts gegen den Zusammenschluss von Ichtershausen und der Wachsenburggemeinde auf Landesebene zu stärken, ist die SPD-Landtagsabgeordnete und Landratskandidatin Eleonore Mühlbauer besonders aktiv. Und sie ist offenbar erfolgreich darum bemüht, sich dabei mit Georg Bräutigam, dem Fraktionschef und Bürgermeisterkandidat von „Pro Arnstadt“ zu verbünden. So wird es in der kommenden Kreistagssitzung wohl einen Antrag geben, dass sich der Kreistag gegen die geplante Fusion und für eine Stärkung der Arnstädter Position aussprechen soll. Antragsteller wird aber nicht die SPD-Fraktion, sondern die der „Freien Wähler“ sein, in der Georg Bräutigam sitzt. Und der Antrag richtet sich klar gegen die Position von Landrat Benno Kaufhold (CDU), der offenbar keine Probleme mit der Fusion von Ichtershausen und der Wachsenburggemeinde hat. So heißt es jedenfalls in einer Stellungnahme für das Land.
Wenn Kaufhold in dieser Richtung weiter einseitig für die Nachbarn Arnstadts Position beziehe, so ist aus der Fraktion von „Pro Arnstadt“ und vom jetzigen Bürgermeister zu hören, könne es passieren, dass sich „Pro Arnstadt“ in der Frage, wer im April zum Landrat gewählt werden soll, gegen den Amtsinhaber ausspricht – und für die SPD-Kandidatin Eleonore Mühlbauer.
Es gibt noch eine weitere Veränderung im Kräfteverhältnis im Stadtrat. Dirk Sterzik, das abtrünnige ehemalige FDP-Mitglied, ist nicht nur aus der Kreistags-, sondern nun auch aus der Stadtratsfraktion seiner Ex-Partei ausgetreten. Das hat auf Stadtebene nicht ganz so gravierende Folgen wie im Kreis, denn die Fraktion „Bürgerforum/FDP“ hat auch ohne ihn noch drei Mitglieder, kann also vorläufig als Fraktion weiterexistieren. Wenn aber noch ein weiteres Mitglied abtrünnig werden sollte, wäre der Status weg – und damit das Privileg, Vorsitzende von Ausschüssen zu stellen. Es soll schon Planspiele geben, diesen Zustand herbeizuführen. Aber das ist vorläufig nur ein Gerücht.
Ebenfalls ein Gerücht besagt, es gäbe Bürgermeisterkandidaten, die bei einem Wahlsieg den Ersten Beigeordneten Ulrich Böttcher am liebsten gleich von seinem Posten entbinden würden. Als Reaktion wird in der Fraktion von „Pro Arnstadt“ erwogen, Böttcher schnell für eine weitere Amtszeit zu bestätigen, obwohl das noch gar nicht dran wäre. Es könnte sogar sein, dass ein solcher Antrag schon im Februar im Stadtrat auf den Tisch kommt. Dann würde in einem Ritt entschieden, wer Erster und wer künftig zusätzliche ehrenamtliche Beigeordnete bleibt, unter welchem Bürgermeister auch immer. Aber es würde auch endgültig das Gerücht dementiert, dass Ulrich Böttcher doch noch als Bürgermeisterkandidat antreten könnte.
Kleiner Nachtrag:
Übrigens gab es, nachdem dieser Beitrag in der „Thüringer Allgemeinen“ erschienen war, eine interessante Reaktion des SPD-Stadtrats Stephan Kunze. Es sollte jeder selbst entscheiden, ob er das, was Stephan Kunze herausgelesen hat, auch in diesem Text wiederfindet. Nur eines muss ich entschieden zurückweisen: „Chefredakteur“ bin ich nicht. „Schreiberling“ reicht völlig. Was Herr Kunze dann wohl auch so sah, er hats wirklich umgehend berichtigt.
Noch ein Nachtrag:
Zwei Wochen später hab ich mal zusammengetragen, was an den Gerüchten nun eigentlich dran war.
Verzeihen Sie, ich habe nicht geeahnt, dass Sie es auch manchmal genau nehmen. Sobald die Wartungsarbeiten auf dem Server beendet sind mache ich Sie wieder zum Lokalredakteur oder Redaktionsleiter, ganz wie Sie möchten 😉