Unweit der Ortsmitte des kleinen Ortes Ichtershausen befindet sich ein Gelände, dass auch Einheimische kaum von innen kennen. Es ist die Jugendstrafanstalt, der einzige Ort in Thüringen, wo Jugendliche eine Haftstrafe absitzen können. Es hat eine lange Tradition als Gefängnis, auch wenn die Gebäude zum Teil noch viel älter sind. Aber die Tage des Gefängnisses sind gezählt, im Nachbarort Rudisleben wird schon an einem neuen Gefängnis gebaut.
Dieses Haus hat wirklich viele verschlossene Türen. Hineinzukommen ist auch für Besucher nicht so einfach. Man muss den Personalausweis abgeben und das Mobiltelefon, wird eingetragen und bekommt eine Besucherkarte. Und wenn man dann drin ist, wird man nicht aus den Augen gelassen.
Der Grund dafür sind Jugendliche, die eigentlich dort gar nicht hineinwollten aber am Ende dennoch längere Zeit in dem Areal verbringen müssen. Sie wurden zu einer Haftstrafe verurteilt. Und der einzige Ort in Thüringen, wo man sie als männlicher Jugendlicher absitzen kann, ist die Jugendstrafanstalt in Ichtershausen.
Der erste Eindruck: Stacheldraht auf allen Mauern und an Fassaden. Tore und Türen, die manchmal mehrere Schlösser haben. Und trotzdem, ein Gefängnis stellt man sich eigentlich anders vor. Was sich in Ichtershausen befindet, ist eine Anhäufung von Gebäuden unterschiedlichster Baustile. Mit einem schlossähnlichen Haus in der Mitte, das seine besten Zeiten sichtbar hinter sich hat. Hier residierte einstmals ein Herzog, aber schon lange davor, ab 1133, gab es auf dem Gelände ein Zisterzienserkloster.
Dennoch hat auch die Nutzung als Gefängnis schon eine lange Tradition. Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 wurden hier Kriegsgefangene untergebracht, danach wurde für einige Jahre eine „Kinderbewahranstalt“ daraus. Ab 1877 war Ichtershausen Landesgefängnis, zunächst für beide Geschlechter, ab 1924 dann nur noch für Männer. In der DDR wurde es ein „Jugendhaus“ mit bis zu 400 Häftlingen.
Männliche Jugendliche sind bis heute dort untergebracht. Allerdings gibt es nur noch 225 Haftplätze. Und obwohl man sich durch mehrfache Umbauten bemühte, die Bedingungen in den zum Teil sehr alten Gemäuern zu verbessern, sind die Bedingungen keinesfalls optimal. Das ist auch der Grund, warum derzeit in Rudisleben ein Neubau entsteht. Doch bis der fertig ist, dürfte es noch eine Weile dauern. Und so lange müssen die Häftlinge und die Bediensteten mit dem alten Gemäuer leben.
Eng ist es vor allem in den Zellen. Es ist nicht genug Platz für eine grundsätzliche Einzelunterbringung, die gerade bei Jugendlichen wichtig wäre. Dafür gibt es genügend Möglichkeiten, den Alltag im Gefängnis sinnvoll zu nutzen. Neben den Werkstätten für die Berufsausbildung finden sich Räume für die Anstalts-Band, für Mal- und Gestaltungstalente oder zur sportlichen Betätigung. Es wird mit der sozialen Komponente der Betreuung von Tieren gearbeitet und ein hauseigener Garten kann von den Häftlingen gepflegt werden. Platz dafür ist auf dem Gelände genug, auch wenn die Räume zum Teil unsaniert und einige kaum heizbar sind. Aber die Anstaltsleitung mit Anette Brüchmann an der Spitze hat auch improvisieren gelernt.
Wenn es irgendwann in den nächsten Jahren einen Umzug in das neue Gefängnis gibt, wird wohl kaum einen der jetzigen Insassen oder Bediensteten Wehmut befallen. Vieles an ihrem jetzigen Domizil ist eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Aber es ist ein Stück Kultur- und Ortsgeschichte, das dann in Ichtershausen zurückbleibt. Ein großes Stück sogar das unmittelbar an den Ortskern angrenzt. Das Thüringer Justizministerium und die Gemeinde haben sich jetzt schon zur Aufgabe gemacht, dafür ein Nachnutzungskonzept zu entwickeln. Egal, was aus dem Kloster, dem Schloss und all den anderen Bauten einmal wird, es dürfte dann wesentlich leichter sein, hinein- und auch wieder herauszukommen.