Keine Wahl

Alexander DillArnstadts Bürgermeister Alexander Dill soll vorzeitig sein Amt verlieren. Das Verfahren wurde heute vom Stadtrat auf den Weg gebracht. Die Chancen, dass tatsächlich ein Abwahlverfahren eingeleitet wird, stehen nicht schlecht. Wie dann die Wähler entscheiden, ist offen. Denn Alexander Dill hat zwar bisher nur wenig auf die Reihe bekommen, aber es fehlt an einer echten personellen Alternative.

Jeder Arnstädter Nachwende-Bürgermeister hatte bisher sein Abwahlverfahren. Hellmut Hüttner erinnerte sich heute in der Stadtratsdebatte an seines, Hans-Christian Köllmer hatte gleich mehrere und nun kommt auch auf Alexander Dill eines zu. Doch diesmal sieht es so aus, als würde der Antrag nicht schon wie bisher üblich im Stadtrat scheitern, sondern es könnte tatsächlich zur Bürgerabstimmung darüber kommen.  Die Stimmen von 21 Stadträten wären dazu nötig – und 21 Stadträte haben den entsprechenden Antrag unterschrieben.  Nicht nur die kompletten Fraktionen von Linke, CDU und Pro Arnstadt, sondern es gelang den Organisatoren, mit Andreas Kühnel sogar einen SPD-Stadtrat auf ihre Seite zu ziehen. Der vollzog nun den Seitenwechsel auch formal und saß heute in der Fraktion von Pro Arnstadt, als hätte er nie woanders gesessen.

Aber warum sollte man einen Bürgermeister in der Halbzeit abwählen, dem man doch für volle 6 Jahre eine Chance gegeben hat? Die Frage ist nicht  ganz von der Hand zu weisen, denn in Bayern und Baden-Württemberg kennt man dieses Verfahren gar nicht, obwohl Bayern allgemein als Vorreiter der direkten Demokratie gelten kann. Dort wird nach der Devise gehandelt: Mal sehen, was der Amtsinhaber in der Wahlperiode so zustande bringt. Wenns nicht reicht, wird er nicht wiedergewählt. Und wenn er zwischendurch in die Kasse greift oder Schweinskram bei Facebook postet, gibt’s ja eine Kommunalaufsicht.

In Thüringen und dem Rest der Republik darf zwischendurch abgewählt werden. Und man braucht  nicht einmal einen Grund. Sondern nur zwei Drittel der Stadtratsstimmen. Trotzdem verlas Georg Bräutigam (Pro Arnstadt) eine Liste der Gründe, warum man nicht mehr möchte mit Alexander Dill. Sicher hätte das Frank Kuschel, der heimliche Vater aller Arnstädter Abwahlverfahren, gern selber getan. Aber der Landtag, dem Kuschel ebenfalls angehört, tagte zeitgleich in Erfurt. Und da hat sein rot-rot-grünes Bündnis (auch) nur eine Stimme Mehrheit.

Bei der Begründung des Antrags wurde klar, was dieses seltsame Bündnis aus CDU, Linke und Pro Arnstadt zusammengeschmiedet hat: Es war der Bürgermeister selbst, der in seiner Haushaltsrede vor der Sommerpause Pro Arnstadt und den Linken eine Mitschuld an der Arnstädter Haushaltsmisere gegeben hatte. Das ist zwar nicht falsch, denn Pro Arnstadt hat lange Jahre den Bürgermeister gestellt und Frank Kuschel nahezu alles boykottiert, was auch nur aus dem Hause Dill kam. Aber sowas sagt man nicht als Bürgermeister, wenn man keine eigene Mehrheit im Stadtrat hat und im Wahlkampf versprochen hatte, als „Moderator“ aufzutreten (das kommt von „moderat“).

Dass Dill seine Trotz-Rede auch noch direkt vor der Sommerpause hielt, war eine zusätzliche Ungeschicklichkeit. Das gab den Kontrahenten viel Ferien-Zeit, die Schlachtreihen für den Frontalangriff zu schließen.  Nun hat er den Salat.

Aber was wird dem Bürgermeister denn un eigentlich vorgeworfen?

Vor allem die Haushaltssituation. Dass Arnstadt Pleite ist und auch wenig Aussicht auf kurzfristige Besserung besteht. Daran hat Dill zwar im Grunde wenig Schuld, denn für den Einbruch der Gewerbesteuern kann er nichts und dass die Stadt  nix auf der hohen Kante hat, ist auch nicht seine Schuld. Aber er hat es in den drei Jahren seiner Amtszeit nicht vermocht, eine vernünftige und konsensfähige Gegenstrategie zu entwickeln. Da wurden zwar immer mal wieder Kürzungs- und Streichpläne bekannt (Stadthallenvertrag, Tierpark, Stadtmarketing), aber Dill verstand es nie, dafür Mehrheiten zu organisieren. Das ist auch nicht leicht im Arnstädter Stadtrat, aber dafür kriegt man auch ein ordentliches Bürgermeister-Schmerzensgehalt. Dill hatte keinen ordentlichen Finanz-Plan und flüchtet sich nun in eine „vorläufige Haushaltsführung“, die ihm zwar kaum Spielräume lässt, aber dem Stadtrat auch nicht. Das reicht nicht, um einer Stadt das Gefühl zu geben, sie werde gut regiert.

Was wird ihm sonst noch vorgeworfen?

Die Weisse und die Wohnungsbaugesellschaft. Gleich nach Amtsantritt stoppte Dill das Vorhaben der Modernisierung der Wohnblocks an der Weisse, weil er vermutete, dass das Vorhaben unwirtschaftlich und wenig sinnvoll sei. Wahrscheinlich hat er damit sogar Recht, aber auch das hat er in den drei Jahren seiner Amtszeit nicht schlüssig kommunizieren können und sich immer wieder auf Gutachten berufen, die noch ausstünden. Das ärgerte nicht nur die Einwohner, sondern bot auch breiten Raum für Angriffe seines Erzfeindes Frank Kuschel.

Ein weiterer Punkt: Die schleppende Umsetzung von Stadtratsbeschlüssen. Das ist zum Teil wirklich ärgerlich, weil man den Eindruck bekommt, die Stadtverwaltung bekäme so gut wie gar nichts auf die Reihe (was sicher nicht stimmt). Heute ga es wieder einen solchen Fall: die schon ziemlich oft angekündigten Satzungen zu Ordnung und Sicherheit sind noch immer nicht fertig und Dill konnte auch nicht sagen, wann sie nun kommen. Dabei brauchte man nur mal bei anderen Kommunen abzuschreiben, die haben sowas längst. Andererseits gibt es aber auch von den Fraktionen durchgedrückte Stadtratsbeschlüsse, bei denen man sich fragt, ob die Stadt keine anderen Probleme hat. Ich spare mir Beispiele.

Alexander Dill wird ebenfalls vorgeworfen, er sei nicht genügend vernetzt in der kommunalen Familie und auf Landesebene. Das mag stimmen, wenn man es mit alten Hasen wie dem Ilmenauer OB Seeber vergleicht, der schon viele Jahre im Amt und auch noch in einer Partei ist, die lange in Erfurt regiert hat. Aber es ist wohl auch nicht des Bürgermeisters Ding, Klinken zu putzen. Muss man aber in diesem Job.

Es gibt noch ein paar andere Sachen, die dem Bürgermeister vorgeworfen werden. Die versemmelte Buga-Außenstellenbewerbung zum Beispiel, da hätte er als gelernter Landschaftsarchitekt wesentlich geschickter und ideenreicher agieren müssen. Aber unter dem Strich bleibt: In die Kasse hat er nicht gegriffen und auch keinen Schweinskram gepostet.

Trotzdem droht ihm das erste echte Abwahlverfahren in der neueren Arnstädter Geschichte. Denn die Abstimmung in der Sondersitzung am 22. Oktober dazu wird wohl offen und namentlich sein. Unter diesen Bedingungen werden sicher alle 21 Unterstützer des heute erstmals behandelten Antrags dafür stimmen – falls sie denn anwesend sind. Und dann müssen die Arnstädter wahrscheinlich irgendwann im Januar darüber abstimmen, ob sie Alexander Dill noch wollen oder nicht. Ob sie wollen oder nicht.

Die Arnstädter müssen also Schiedsrichter spielen zwischen Bürgermeister und Stadtrat. Allerdings könnten sie nur den Bürgermeister abwählen. Der Stadtrat als Teil des Problems bleibt sicher im Amt.

Während des Abwahlverfahrens, soviel scheint sicher, ruht praktisch die Arnstädter Kommunalpolitik. Es ist Abwahl-Kampf. Und falls es zur Abwahl käme, gleich wieder Wahlkampf. Dann zerfiele mit Sicherheit das Bündnis der Dill-Stürzer wieder in seine Einzelteile. Denn jede der Fraktionen hat Kandidaten, die glauben, noch einmal Bürgermeister werden zu können. Auch wenn sie schon mal gegen Alexander Dill verloren haben.

Egal, wie das ausginge: Arnstadt würde auf jeden Fall wieder einen Bürgermeister bekommen, der keine Erfahrung im Amt hat, aber auf sechs Jahre gewählt wird.

Aber es gibt ja das Instrument der Abwahl. Und Menschen, die viel Erfahrung damit haben, sowas zu organisieren.

 

7 Gedanken zu „Keine Wahl“

  1. Wie so verbeiten sie hier offensichtlich eine Lüge ? Das Frank Kuschel der heimliche Initiator des Abwahlantrages wäre ?
    sagten gern Unwahrheiten verbreitet…. schauten sie in eine Kristallkugel oder betreiben sie Kaffeesatzlesen ?
    Bleiben sie mal bei den Tatsachen.
    Sie dürfen sch aber gern weiter lächerlich machen.

  2. Liebe Simone, ich gebe zu, ich habe keinerlei Beweise. Deshalb schlage ich vor, künftig folgende Formulierungen zu verwenden:
    1. Frank Kuschel hat den Bürgermeister so lieb, dass sich keiner getraut hat, ihm von dem Abwahlverfahren zu erzählen. Er hat es deshalb als Letzter erfahren und hat es deshalb auch nicht zur Stadtratssitzung geschafft, um den Abwahlantrag in letzter Minute noch zu verhindern. Besser so?

  3. Faszinierend, welche politische Macht Sie Herrn Kuschel unterstellen, dass Sie ihn sogar zum Vater eines Antrags von CDU und Pro ARN erklären. Habe Sie eigentlich bewusst unterlassen zu erwähnen, wer genau den Antrag gestellt hat, damit Sie dieses Bild vom Vater aller Anträge so schön zeichnen können?

  4. Ich traue Frank Kuschel einiges zu, er ist ein sehr aktiver Politiker und Hans Dampf in allen Gassen. Und dass 21 Stadträte aus verschiedenen Fraktionen den Antrag unterschrieben haben, steht m.E. Im Beitrag drin. Aber ich habe Verständnis dafür, dass man es anders sehen kann.

  5. Ich bin jetzt seit über 10 Jahren “ Wahl – Arnstädter“. In mehreren Begegnungen mit den Kommunalverantwortlichen dieser Stadt entstand nicht ,nur bei mir ,vielfach der Eindruck, das es hier niemanden,egal welches Parteibuch in der Tasche ist, um die Sache, um das Wohl und Wehe der Bürger sondern allzuhäufig um die persönlichen Befindlichkeiten der Akteure ging. Da hat man schon erlebt,dass verbale Verunglimpfungen bis hin zu Hass gegenüber dem politischen “ Gegner“ wichtiger waren als die Sache selbst. Und was sich jetzt, in einer schwierigen kommunalen Situation in Arnstadt abspielt, passt in dieses Bild. Ich bin fest davon überzeugt,dass es jetzt nicht um die Abwahl einer Person gehen darf sondern die jahrzehntelang politisch agierenden müssen Ihren Stuhl räumen! Ansonsten wird es in Arnstadt auch nach einem neuen Bürgermeister keine Orientierung an den kommunalen Aufgaben sondern weiter nur persönliche Befindlichkeiten,gegenseitigen Hass und politische Intrigen geben. Das muss jetzt ein Ende haben! Die Bürger dieser Stadt haben Anderes verdient

  6. Ich finde es seltsam das allein Herr Dill für alles verantwortlich sein soll. Habe ich da etwas verpasst. Monarchie oder so. Wer kann denn alles besser???

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