Auch in Arnstadt hatte jede Generation ihre eigene Band, bei deren Musik getanzt, geflirtet oder geküsst wurde. Viele Familiengeschichten haben auf der Tanzfläche bei einem bestimmten Song der damaligen Lieblingsband begonnen, in den 50-er und 60-er Jahren für die Jüngeren sogar schon beim „Tanztee“ am Nachmittag.
Wenn heute Namen wie „Teddys“, „Comets“ oder „Satelliten“ genannt werden, kommen bei den Älteren die Erinnerungen wieder. Auch wenn sie nach all den Jahren manchmal verschwommen sind. Es gibt gegenwärtig erstaunlich viele Erinnerungen an die Zeit, als Jazz und Beat nach Arnstadt kamen. Die IG Jazz erinnerte mit einer Ausstellung im Rathaus an die Anfänge in den 50-er Jahren mit Gerd Walther und Gerd Kahl. Einige Mitglieder der „Arnstädter Satelliten“ spielen wieder zusammen, die „Tropics“ aus Ichtershausen haben sich zum 50-jährigen Bandjubiläum wieder zusammengefunden, „Kochis Band“ um den Schlagzeuger Bernd Koch ist öfter zuhören. Klaus Müller und Uli Fasshauer sind ohnehin seit ihrer Jugend fast pausenlos musikalisch präsent.
Sicher war die Arnstädter Szene überregional nicht so bekannt wie die aus Erfurt, Gotha oder Weimar. Die Polars, Vital, die Nautiks oder die Rampenlichter waren auch für die Arnstädter Musiker Vorbilder und Ratgeber. Aber es lohnt sich, die Geschichte einiger Arnstädter Bands aus den Anfangszeiten nachzuerzählen. Denn man erfährt nicht nur interessante Geschichten über die musikalische Entwicklung in der Stadt, sondern auch viel über das Leben in der DDR, das wesentlich bunter war, als mancher Fernsehfilm der Nachwelt zu übermitteln sucht.
Viele der Arnstädter Akteure von damals berichten zwar über Probleme in der Schule oder dem Betrieb wegen des Tragens von „Niethosen“ oder zu langer Haare, aber ihre Begeisterung für die neuen Musikeinflüsse aus dem Westen konnten die meisten recht ungestört ausleben. Selbst das Beat-Verbot von 1965 durch die SED-Parteiführung blieb für die Arnstädter Bands nach den Erinnerungen der Musiker ohne Konsequenzen, sie spielten weiter die englischen Titel – und wie die „Birds“ sogar unter englischem Namen. Die „Comets“ wurden von der Leitung des Chema-Kulturhauses ausdrücklich gefördert und tourten mit dem „Chema-Ensemble“ durch die Lande. „Eins plus fünf“ war zeitweise sogar Begleitband für einen FDJ-Singeklub, auch andere Musiker traten bei gesellschaftlichen Höhepunkten auf und begeisterten – wie die „Comets“ beim Pressefest der SED-Zeitung „Das Volk“ in Erfurt – das jugendliche Publikum mit ihrer „Beat-Musik“. Spielverbote gab es, aber es waren wenige. 1967 erwischte es ausgerechnet die „Satelliten“. Eine Band, die überwiegend aus Lehrlingen und jungen Arbeitern bestand, wurde vom Staat der Arbeiterklasse zur unerwünschten Kapelle erklärt.
Natürlich kann ein solcher Rückblick nicht umfassend sein. Dazu gab es in der Region viel zu viele Musikformationen in wechselnden Besetzungen, die Estradenensembles der Betriebe Chema und RFT, die Volksmusiker, Stimmungskapellen und Blasorchester, die auch zum Tanz spielten. Aber wenigstens an einige Bands der Anfangszeit soll mit einer kleinen Serie erinnert werden. Als Beispiele für eine lebendige musikalische Geschichte, die nicht in Vergessenheit geraten sollte. Und vielleicht auch als Erinnerung an den ersten Kuss beim Tanztee.