Irgendwie ist bei der Vorbereitung der Landesgartenschau 2028 in Arnstadt einiges durcheinandergekommen. Während es anfänglich hauptsächlich um innerstädtische Projekte ging, die bei den Bürgern auf Zustimmung stoßen, soll nun plötzlich alles an einer neuen und umstrittenen Therme hängen. Die aber hat in den bisherigen öffentlichen Papieren überhaupt keine Rolle gespielt.
Es gibt eine Vision, wie der Besucher Arnstadts künftig den Eingang zur Stadt erleben soll. Von der Autobahnabfahrt Arnstadt-Nord kommend, durchfährt er vor dem Ortsschild ein Tor in der Form eines großen „A“. A wie Arnstadt. Rechts und links, da wo früher das Tierheim stand (und dahinter) und dort, wo die Feuerwehr übte, gibt es unter anderem einen neuen Kies-See zum Baden oder Paddeln, Bungalows und Ferienhäuser, Gastronomie, einen Camping- und Caravanplatz und – eine Therme. Ein richtiges Naherholungsgebiet, das auch Touristen anzieht. Eine lebendige Idylle.
So oder so ähnlich könnte es in der Machbarkeitsstudie stehen, die der Arnstädter Stadtrat in der kommenden Woche möglichst einstimmig verabschieden soll und mit der die Bewerbung Arnstadts für die Landesgartenschau 2028 endgültig besiegelt wird. Oder vielleicht steht auch viel weniger drin, so wie in dem Papier, das der Bauausschuss in dieser Woche mehrheitlich abgenickt hat und bei naiven Menschen wie mir den Eindruck erweckte, bei der „Rudislebener Seenlandschaft“ handele es sich um Projekte an der Gressler, wo die Arnstädter schon früher gern baden gegangen sind. Aber dem ist nicht so. Die Seenlandschaft am Autobahnzubringer gibt es noch gar nicht. Der See soll erst noch entstehen, indem man dem schon jetzt in der Nachbarschaft aktiven Kiesunternehmen eine weitere Genehmigung zum Ausbaggern erteilt – und den dann entstandenen See für die Erholung nutzt. Wahrscheinlich wäre das erst 2035 soweit, wenn das Kiesvorkommen ausgebeutet ist. Vielleicht aber auch erst später.
Was schon früher fertig sein könnte. vielleicht sogar zur Landesgartenschau 2028, wäre die Therme. Sie hat zwar im Interessenbekundungsverfahren Arnstadts für die Gartenschau überhaupt noch keine Rolle gespielt, ist aber plötzlich Dreh- und Angelpunkt der Bewerbung geworden. Nur eine neue Therme sei der Garant dafür, dass Arnstadts Bewerbung überhaupt eine Chance habe, sagen die Befürworter des Projekts. Wer gegen die neue Therme sei, sei auch gegen die Landesgartenschau.
Aber um was für eine Therme soll es sich eigentlich handeln? Ein weiteres Thüringer Spaßbad, von denen es schon reichlich gibt und deren finanzielle Probleme hinreichend bekannt sind? Oder vielleicht doch etwas Kleineres, vielleicht eine Art Neuauflage des jetzigen Arnstädter Sport- und Erholungsbades am Wollmarkt?
Ich weiß es nicht. Und ich habe das ungute Gefühl, so richtig weiß das auch sonst keiner. Es gibt keine Machbarkeitsstudie, keine echte Konzeption – aber die Therme soll angeblich die Arnstädter Bewerbung für die Landesgartenschau retten.
Dabei gibt es zahlreiche ungeklärte Probleme. Was soll das alles kosten, vor allem im Betrieb? Wie sollen die Arnstädter eigentlich zur neuen Therme kommen? Wird dort auch Schulschwimmen angeboten? Und was wird eigentlich aus dem jetzigen Bad?
Denn das Bad am Wollmarkt war eigentlich auf einem guten Weg. Seit 2017 wird an einem Konzept gebastelt, die in die Jahre gekommene Einrichtung zu modernisieren und zu erweitern, mit einer durchgerechneten Kalkulation. Das Konzept wurde bestätigt, eigentlich sollten schon in diesem Herbst die Bagger rollen, aber dann kam der Stopp aus dem Rathaus: Projekt anhalten. da ist was mit einer neuen Therme in Rudisleben im Gespräch.
Wer die neue Therme ins Gespräch gebracht hat, ist schwer zu sagen. Es gibt verschiedene Menschen und Gruppen, die an einem solchen Projekt interessiert sein könnten. Zu den jetzigen Befürwortern zählen auf jeden Fall Stadträte von Pro Arnstadt und von der CDU – und auch Bürgermeister Frank Spilling. Fragt man sie nach dem Schicksal des alten Bades, wenn die Therme gebaut wird, hört man öfter, dass das alte Bad weiter existieren soll, parallel zur Therme. Für Schulschwimmen zum Beispiel oder für Vereine. Aber fragt man Experten, die sich in der Bäderlandschaft auskennen, halten das die meisten für Augenwischerei: Keine Stadt kann sich zwei solche Bäder leisten, allein schon wegen der Betriebskosten. Was für zwei Bäder an Zuschüssen anfallen würde, überfordert nicht nur die Stadtwerke als Betreiber. Es würde auch den Stadthaushalt über Gebühr belasten.
Irgendwann müsse dann die Reißleine gezogen und das jetzige Bad geschlossen werden. Vielleicht, so hört man hinter vorgehaltener Hand, könnte man ja einen Sportkindergarten draus machen. Oder es einfach abreißen und dort Luxuswohnungen bauen. Bedarf und interessierte Firmen und Makler gibt es in Arnstadt genug. Dass dies einen Shitstorm in Arnstadt auslösen würde, wird billigend in Kauf genommen.
Es ist so vieles unklar. Die Arnstädter Stadträte sollen am kommenden Donnerstag praktisch darüber abstimmen, ob eine Therme gebaut werden soll, von der man nicht weiß, wie sie aussieht und welche Folgen das Ganze für die Stadt und das jetzige Bad hat. Und wer dagegen stimmt, ist gegen den Weltfrieden oder wenigstens gegen die blühende Zukunft Arnstadts als Standort der Landesgartenschau.
Man kann gespannt sein, wie die Beteiligten aus dieser Nummer wieder herauskommen. Aber die Arnstädter werden sehr aufmerksam verfolgen, wer sich dabei wie verhält.
Eine Therme… Oh wie langweilig 💤.
Gibt es keine anderen Ideen? Etwas, was nicht jede benachbarte Stadt auch hat? Ein Alleinstellungsmerkmal, für das es sich lohnt in diese Stadt zu kommen. Etwas, was junge Leute anzieht. Dagegen sind ja selbst eine Gokart-Bahn, ein Kino oder ein Autokino noch zündende Ideen. Übrigens die Go-Kart-Bahn hatten wir schon einmal. Und wenn ich mich recht entsinne, war diese sehr beliebt. Man könnte ja mal die Bürger der Stadt befragen, was sie sich vorstellen oder wünschen…
Aus dem „alten“ Bad könnte doch noch ein Kunstrasenfußballfeld, vielleicht überdacht und mit Bodenheizung, entstehen (das meine ich nicht so wirklich ernst 😉).
Zustimmung, Herr Pfeiffer.
Wurde ja auch Zeit, dass langsam mal die Katze aus dem Sack kommt.
Die Idee ist so absurd, das plötzliche Ankoppeln an die LaGa so bizarr, dass man hellhörig wird. Erinnert mich an Dill und seine Zerstörung der Stadtmarketing. Deus ex machina und ein erfundener Notstand.
Was die Chancen Arnstadts in Sachen LaGa angeht: der Ruf unsrer Stadt im LVA und den Ministerien ist leider sehr schlecht. Das weiß ich aus zahlreichen Gesprächen. Dennoch hat eine gute Bewertung, so wie bislang mir bekannt, eine Chance. WENN es dabei um STADTENTWICKLUNG geht. Prinzenhof! Mühlgraben! wtt-Gelände!
So ein Badprojekt vor den Toren von Rudisleben aber hat mit Stadtentwicklung nichts zu tun. Das glaubt ja noch nichtmal Herr Köhler.
Weitere Bemerkungen von mir hierzu übrigens auf der Facebook-Timeline der von mir sehr geschätzten Josefine Galle.