Trinken, aber nicht besaufen

Über die Anfänge des Arnstädter Karnevals in der DDR gibt es nur spärliche Quellen. Allerdings bringt jetzt eine Akte aus dem Arnstädter Stadt- und Kreisarchiv etwas Licht ins Dunkel, die man nicht unter dem Stichwort „Karneval“ findet, sondern unter „Nationales Aufbauwerk“ (NAW). Es geht um den ersten Arnstädter Volkskarneval 1957, der ganz im Zeichen der damals populären NAW-Kampagne stehen sollte. So sah man das jedenfalls im Arnstädter Rathaus und stellte praktisch die gesamte Stadtverwaltung in den Dienst der Narren.

In den Chroniken der Stadt wird der Arnstädter Karneval kaum erwähnt, auch die Zeitung berichtete sehr wenig. Nur die Zeitungsanzeigen aus der Faschingszeit bezeugen: Es gab unzählige Maskenbälle in den 50-er Jahren, nicht nur in Arnstadt. Nahezu auf jedem Dorfsaal wurde von den Gaststätten ein Maskenball organisiert, ob nun mit oder ohne Programm. In Arnstadt wurde auf allen Sälen Karneval gefeiert, die bekannteste und beständigste Veranstaltung war der „Kunstglas-Maskenball“. Die Umsiedler brachten diese Tradition aus ihrer Heimat mit und bauten sie seit 1949 immer weiter aus. Der Kunstglas-Maskenball (meist im Chema-Kulturhaus) war bis zur Wende eines der gefragtesten gesellschaftlichen Höhepunkte in Arnstadt.

Der Arnstädter Karnevalsverein „Narrhalla“ gibt als Gründungsjahr 1936 an und hat nach dem Krieg weiterexistiert. Aber es war in den 50-er Jahren nicht so wie heute, dass Karnevalsvereine die Organisation der Veranstaltungen selbst übernahmen, sondern sie waren eher „Dienstleister“ für die Gastwirte und Veranstalter. Die Stadt spielte dabei offenbar kaum eine Rolle. Die Saison 1956/57 stellte deshalb in gewisser Weise einen Wendepunkt dar, denn  damals beschloss der Bürgermeister, den Karneval in die eigenen Hände zu nehmen, zum Wohle des Nationalen Aufbauwerkes (NAW)

„Trinken, aber nicht besaufen“

Der 11.11. 1956 war nicht nur Karnevalsauftakt, sondern auch noch ein Sonntag. Eigentlich zwei gute Gründe dafür, dass im Arnstädter Rathaus keiner zu erreichen gewesen wäre. Aber es waren damals andere Zeiten. Der Karnevalsauftakt wurde wohl kaum gefeiert und im Rathaus sogar am Sonntag gearbeitet. Und deshalb stand die Rathaustür offen, als gegen 11.15 Uhr etwa 20 Jugendliche dort erschienen und die „Verantwortliche für das Nationale Aufbauwerk“ sprechen wollten. Da diese nicht da war, teilten sie einem verdutzten Sachbearbeiter mit, sie seien der neue Elferrat. „Die Jugendlichen erklärten, dass ihr Elferrat unlösbar sei und dass jeder, der ausscheidet, 5 Hektoliter Bier zu bezahlen habe. Ihr Grundsatz sei: Trinken aber nicht besaufen“. So schrieb es der Mitarbeiter in eine Hausmitteilung an Bürgermeister Hermann Stange. Und er fügte noch an, „dass sämtliche Jugendliche einen recht ordentlichen Eindruck machten“.

Als der Bürgermeister diese Hausmitteilung las, muss ihm wohl besonders eine Formulierung ins Auge gefallen sein: dass die Jugendlichen eigentlich mit der Verantwortlichen für das „Nationale Aufbauwerk“ hatten sprechen wollen. „NAW“ war eine Kampagne, die von der Nationalen Front (dem Zusammenschluss aller in der DDR zugelassenen Parteien und Massenorganisationen) getragen wurde und die DDR-Bürger für gemeinnützige und unbezahlte Arbeit gewinnen sollte. Anfangs war der Gedanke äußerst populär, viele Menschen stellten sich gern der Aufgabe, bei der Beseitigung der Kriegsschäden und der Verschönerung ihrer Umgebung mitzuwirken. Doch mit der Zeit erstickte das NAW immer mehr in bürokratischen Strukturen. Es wurden auf allen Ebenen NAW-Beauftragte eingesetzt, die darauf achteten, dass möglichst viele solche Projekte realisiert oder zumindest geplant wurden. Denn es fand ein Wettbewerb zwischen den Gemeinden statt, wer die meisten NAW-Erfolge zu verzeichnen hatte – und wer die wenigsten. Und in diesem Wettbewerb sah es Ende 1956 für Arnstadt nicht gut aus.

In der NAW-Bilanz des Kreises Arnstadt für 1956 lagen Gemeinden wie Branchewinda, Neuroda und Alkersleben vorn, während Arnstadt im Bericht einen klaren Rüffel bekam: Die Arnstädter Pro-Kopf-Leistung im NAW sei im Gegensatz zum allgemeinen Trend gesunken, so berichtete das Arnstädter „Volk“. Offenbar liege das daran, „dass es die Gemeindevertreter der Stadt Arnstadt und die Mitarbeiter der Wohnbezirksausschüsse der Nationalen Front nicht verstanden haben, alle Schichten der Bevölkerung für das Nationale Aufbauwerk zu gewinnen“. Es gab also Handlungsbedarf beim Arnstädter Nationalen Aufbauwerk. Warum also nicht einen Karneval veranstalten und ihn dann einfach beim NAW abrechnen?

Die Idee schien brillant und wurde sofort in die Tat umgesetzt. Der Bürgermeister berief aus seinem Umfeld ein Organisationskomitee für den Volkskarneval unter Leitung der Verantwortlichen für das Nationale Aufbauwerk, Frau Thielmann, und lud alle Jugendlichen des neuen Elferrats über deren „Anführer“ Ernst Bühler zu einem Gespräch in sein Dienstzimmer ein, das am 22. November stattfand. Dort wurde ein konkreter Terminplan für die Karnevalsveranstaltungen der Saison 1956/57 aufgestellt:

  • Silvester erste akademische Narrensitzung im Hotel Schwan
  • zwei öffentliche Festsitzungen in jeweils mehreren Sälen am 12. 1. und 16. 2.
  • Sturm auf das Rathaus am 2. 3. (Faschingssamstag)
  • großer Umzug durch die Stadt am Rosenmontag – Volkskarneval am Faschingsdienstag

Doch der Zeitplan war am grünen Tisch entstanden und stieß auf zahlreiche Widerstände. So war die Vorbereitungszeit für eine Sitzung am Silvesterabend einfach zu kurz, sie wurde stillschweigend gestrichen. Die Säle von RFT- und Chema-Kulturhaus waren zu den Januar- und Februarterminen zum Teil bereits anderweitig vermietet, einmal an die FDJ-Kreisleitung für eine Delegiertenkonferenz mit abendlichem Ausklang und zum anderen für den in Arnstadt legendären „Kunstglas-Maskenball“. Am schwierigsten aber war es mit dem Umzug.

Das Drama mit dem Umzugstermin

Der Plan war, möglichst viele Betriebe dafür zu gewinnen, mit einem eigenen geschmückten Wagen am Umzug teilzunehmen. Dazu wurden von der Stadtverwaltung alle ansässigen Firmen angeschrieben. Offenbar gab es aber Widerstand, schließlich war Montag Arbeitstag und die Planerfüllung drückte. Deshalb fasste man im Rathaus Mitte Januar den Entschluss, aus Produktivitätsgründen den Umzug auf den Sonntag vorzuverlegen, damit keine Arbeitszeit verloren ging. Aber auch dagegen gab es Widerstand aus der Wirtschaft, weil viele Arbeitskräfte außerhalb der Stadt wohnten und deshalb für den Festzug nicht zur Verfügung stünden. Daraufhin gab es in einer Besprechung am 5. Februar, also genau einen Monat vor dem (um-)geplanten Termin, nochmals eine Wende: Der Festzug wurde nun auf Faschingsdienstag verschoben. Mehr Durcheinander geht eigentlich nicht.

Trotzdem scheint das Organisationskomitee bei den Betrieben mit seiner Werbung Erfolg gehabt zu haben. Es sind zahlreiche Zusagen von Firmen in der Akte enthalten, sogar von außerhalb. So wollte sich auch Dornheim mit einem Wagen beteiligen.

Werbung über den Stadtfunk

Die Vorbereitung und Durchführung des Volkskarnevals fanden in der Arnstädter Ausgabe der Bezirkszeitung „Das Volk“ erstaunlicherweise kaum Widerhall, dort wurden lediglich Anzeigen für einzelne Veranstaltungen geschaltet. Die Öffentlichkeit wurde hauptsächlich über den „Stadtfunk“ informiert. Das war ein in den 50-er Jahren in vielen Städten beliebtes Medium. Unter anderem auf allen Arnstädter Litfaßsäulen waren Lautsprecher montiert, aus einer Zentrale (wahrscheinlich im Rathaus) wurden zu bestimmten Zeiten Durchsagen übertragen, die so in der ganzen Stadt zu hören waren. Für den Volkskarneval wurde extra ein imaginärer „Faschingssender Alteburg“ erfunden, einige der Manuskripte für die Sendungen sind in der Akte enthalten. Hier die erste Durchsage:

Hallo, hallo, hier sendet zum ersten Mal der närrische Arnstädter Faschingssender auf Welle 002 über 1,5 Kilo Herz und der geeignete Rotwein dazu. Wir bringen Ihnen ab heute die 1. Versuchssendung vom Sender Alteburg.
Eine Mitteilung an alle Arnstädter: Unsere 1. Übertragung bringen wir am Sonnabend, den 12. Januar um 20 Uhr aus dem Klubhaus RFT. Im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes wird die Narrhalla, die Arnstädter Faschingsgesellschaft, ihre erste große Festsitzung einleiten. Mit dem Einzug der Funken und des Elferrates beginnen für Sie 2 Kapellen zu spielen. Sie tanzen, Sie schunkeln und dabei helfen Sie unserer Stadt nach dem Motto „Arnstadt muss wieder heller werden“. Eine große Überraschung: wir übertragen die Auswahl der Faschingsprinzessin von Arnstadt im Original. Schöne Frauen von Arnstadt, seine Tollität der Prinz von Arnstadt lässt durch seinen hohen weisen Rat die schönste Frau von Arnstadt für seine Mitregentschaft für den Fasching 1957 in Arnstadt aussuchen.
Ihre Eintrittskarten können Sie heute schon in den Arnstädter Buchhandlungen sowie am Sonnabend an der Abendkasse im RFT-Klubhaus – Einlass 19 Uhr – lösen. Sichern Sie sich rechtzeitig einen Platz!
Achtung, Achtung! Der Rundfunk-Sender Alteburg gibt Ihnen in den nächsten Tagen einen Originalbericht über den Stand der Organisation des Arnstädter Faschings.
Beachten Sie die Sendezeiten.

Die Rolle von „Narrhalla“

In dieser Durchsage wird erstmals beim Volkskarneval die „Faschingsgesellschaft Narrhalla“ erwähnt. In den Protokollen des Vorbereitungskomitees spielt der Name hingegen kaum eine Rolle. Unklar bleibt auch, ob die eingangs erwähnten Jugendlichen im Auftrag der Narrhalla handelten. Aber es ist wahrscheinlich. Denn in der (nicht digitalisierten) Narrhalla-Chronik wird davon berichtet, dass bereits im Jahr 1953 ein Narrhalla-Prinzenpaar inthronisiert worden ist. Der Name des Narrhalla-Präsidenten, der damals die Inthronisierung beglaubigte, war Ernst Bühler. Drei Jahre später taucht dann ein Ernst Bühler als Anführer einer Gruppe von Jugendlichen im Rathaus auf und will einen Karneval organisieren. Das kann kein Zufall sein. Außerdem lässt die Professionalität der Veranstaltungsvorbereitung darauf schließen, dass hier erfahrene Karnevalisten das Zepter führten. In einer Regieanweisung für eine Abendveranstaltung wird die Urheberschaft von „Narrhalla“ sogar ausdrücklich erwähnt:

Die künstlerische Leitung der „Narrhalla“ gibt folgenden Hergangsplan für den Einzug bekannt:
Um 20 Uhr wird ein Vertreter der Stadt Arnstadt durch das Mikrofon zu den im Klubhaus RFT anwesenden Narren und Närrinnen sprechen (Thema: Nationales Aufbauwerk!). Nach der Begrüßung durch den Vertreter der Stadt übergibt der betreffende Sprecher den Abend in die Regieführung der Narrhalla. Selbige ordnet folgendes an:

  1. Einzug Frosch (Ratsdiener) mit Verkündigung und Glocke
  2. Aufzug Ceremonienmeister
  3. Musikstück „Narrhalla-Marsch“
  4. Einzug der Funken mit dem Funkenmariechen, Aufstellung der Funken            vor der Treppe im Mittelgang
  5. Einzug des Närrischen Rates (Präsident, Ratskanzler, der Rat)
  6. Hofnarr mit Senat
  7. Die Kapelle spielt, bis der gesamte Staat sitzt

Für die aktive Rolle von „Narrhalla“ spricht auch, dass zu einer der Abendveranstaltungen ausdrücklich „ehemalige Mitglieder der Narrhalla“ eingeladen worden sind (Rudi Fiedler, Ernst Bürger, Karl Zeigerer, Hermann Hofmann, Zimmermeister Stade und ein Herr Scherr werden namentlich genannt). Außerdem ist vermerkt, dass einer der Wagen des Umzugs von Narrhalla gestaltet werden sollte (als Narrenschiff, siehe Foto weiter unten). Auch in der „Stadtfunk“-Durchsage nach der Auftaktveranstaltung am 12. Januar 1957 wird die Rolle von „Narrhalla“ gewürdigt:

Auftakt zum Arnstädter Volkskarneval

Der Auftakt zum Arnstädter Volkskarneval 1957 an letzten Sonnabend im RFT-Klubhaus war ein voller Erfolg. Der Narrenstaat der „Narrhalla“ der sich in den Dienst des Nationalen Aufbauwerkes gestellt hat, zeigt sich zum ersten Male dem närrischen Volk von Arnstadt.
Seine Tollität Prinz Karl-Heinz I. von Wachsenburg, Käfernburg, Alteburg und Herr zu Neideck, der hohe Rat unter seinem närrischen Präsidenten Eberhard dem Senkrechten, der Funkenmajor, der Ratsdiener Frosch, sie alle sorgten in prachtvollen Kostümen und mit schwungvollen Reden für gute Laune, Stimmung und Humor.
Drei Kapellen spielten in den überfüllten Räumen des RFT-Klubhauses zum Tanz. 16 Bewerberinnen erheben Anspruch auf den Thron von Arnstadt und das war nur der Auftakt!
Noch tolle Lage wird Arnstadt erleben, deshalb Arnstädter, bereitet Euch schon jetzt auf die nächste Veranstaltung am 16. Februar vor.
Unter dem Motto „Arnstadt wird wieder heller!“ werden die nächsten Veranstaltungen zu Höhepunkten des Karnevalstreibens.

Man beachte die Varianten beim Motto: In der ersten Durchsage hieß es: „Arnstadt muss wieder heller werden“, nun „Arnstadt wird wieder heller“.

Offenbar stand Karl-Heinz Schellhorn frühzeitig als Prinz fest. Er regierte als „Karl-Heinz I. von Wachsenburg. Käfernburg, Alteburg und Herr zu Neideck“. Seine Regentschaft vermeldet sowohl die Akte aus dem Archiv als auch die Chronik von „Narrhalla“.

Prinz Karl-Heinz und Prinzessin Annemarie. Quelle: Chronik Narrhalla

Seine Prinzessin wurde allerdings durch ein merkwürdiges Auswahlverfahren bestimmt, das an sehr umstrittene aktuelle Fernsehformate erinnert: Jede Arnstädterin konnte sich bewerben, der Prinz suchte sich dann auf einer öffentlichen Veranstaltung seine Favoritin aus. Aus 16 Bewerberinnen wählte er „Annemarie von Konzumien“. Den Adelstitel verdankte sie ihrer Arbeitsstelle: Annemarie Beyer war Verkäuferin beim Konsum. Damit sie an den nachmittäglichen Veranstaltungen wie dem Umzug teilnehmen konnte, schrieb der Bürgermeister einen Freistellungsantrag an die Konsum-Verwaltung.

Die weiteren Veranstaltungen

Leider gibt es in der Akte keine weiteren Stadtfunk-Manuskripte, die über Verlauf oder Erfolg der weiteren Veranstaltungen Auskunft geben. Auch in der Zeitung gab es keine Berichte. Für den Umzug ist aus der Akte im Archiv nur die Route bekannt: Sie führte vom Marktplatz über die Weiße, Erfurter Straße, Holzmarkt Längwitzer Straße, Lindenallee und Bach-Straße zum Riedplatz, wo der Umzug mit „Narreteien“ enden sollte. Das wird auch durch zwei Bilder (mit Text) im Buch  „Arnstadt 1949 bis 1989“ von Janny Dittrich und Andrea Kirchschlager bestätigt:

Quelle: Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt

Außer diesen Fotos gibt es nur eine indirekte Bestätigung, dass der Umzug überhaupt stattgefunden hat. In der Arnstädter Ausgabe der Zeitung „Das Volk“  stand am 12. März ein Gerichtsbericht unter der Überschrift „Das Ende vom Fasching: 6 Monate Gefängnis“. Darin ist von zwei Jugendlichen aus Angelhausen-Oberndorf die Rede, die sich „am Faschingsdienstag den Umzug angesehen“ und sich danach in mehreren Gaststätten heillos betrunken und eine Schlägerei angezettelt hatten.

Mehr hatte das „Volk“ über den Umzug nicht zu berichten.

Ernüchternde Auswertung

Dass die Stadt mit dem Verlauf des Volkskarnevals insgesamt nicht zufrieden war, ergibt sich aus einem Brief, den Bürgermeister Hermann Stange am 11. März 1957 an seine Amtskollegen in Erfurt, Apolda und Wasungen schrieb.

Darin heißt es:

„In unserer Stadt wurde in diesem Jahre zu Gunsten des NAW erstmalig der Versuch unternommen, eine Karnevalsveranstaltung durchzuführen. Diese Veranstaltung hat in Bezug auf Organisation, Heranziehung der Werktätigen zum Mitmachen und auch in Bezug auf den finanziellen Ertrag nicht den gewünschten Erfolg erzielt.“

Deshalb wollte Stange von seinen karnevalserfahrenen Kollegen wissen, wie man am besten als Stadt einen Karneval organisiert. Die deutlichste Antwort kam vom Wasunger Bürgermeister Fleischer:

„Ich möchte Ihnen zunächst einmal grundsätzlich dazu sagen: Lassen Sie die Hände davon, einen Volkskarneval aufzuziehen, wenn der Gedanke desselben nicht im Volke direkt verankert ist. Es waren bei uns Vertreter größerer Städte wie Leipzig, Berlin, Halle usw. selbst anwesend, die sich ebenfalls mit diesem Gedanken beschäftigten, die jedoch nichts weiter zustande brachten als Maskenbälle in den verschiedensten Variationen. Wenn Wasungen als die Stadt des Volkskarnevals bezeichnet wird, so aus dem einfachen Grunde, weil hier bereits eine jahrhundertelange Tradition in der Durchführung des Karnevals zu verzeichnen ist, und auch von einer direkten und indirekten Förderung durch die übergeordneten Staatsorgane gesprochen werden kann.“

Der Organisationsleiter des Erfurter Karnevals machte in seiner Antwort darauf aufmerksam, dass es nie günstig ist, wenn eine Stadtverwaltung die Organisation des Karnevals übernimmt. In Erfurt lag sie damals schon in den Händen eines „Festkomitees Erfurter Karneval“, in dem die Stadt selbst nicht offiziell vertreten war.

Offenbar befolgten die Arnstädter diesen Rat, denn einige Jahre später wurde (auf Betreiben der Stadt) der „Arnstädter Karneval Club“ (AKC) gegründet, der sich in enger Abstimmung mit der Verwaltung um die Faschingsdurchführung kümmerte und organisatorisch an das RFT-Kulturhaus angegliedert wurde. Es war allerdings gleichzeitig der Anfang vom Ende von „Narrhalla“, zumindest bis zur Wende. 1992 gründete sich „Narrhalla“ neu und Arnstadt hat seitdem zwei Karnevalsvereine.

Übrigens bietet die Akte über den NAW-Volkskarneval 1957 auch noch Hinweise in einer anderen Sache: Seit wann gibt es in Arnstadt den Faschingsruf „Bock Arnscht – helau“? Zumindest nicht seit 1957. In allen Manuskripten dieses Jahres wird nur „Helau, helau, helau“ gerufen.

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