In diesem Jahr gibt es hier keinen Jahresrückblick, sondern einen Ausblick auf 2024. Natürlich wird nichts davon eintreffen, aber einiges kann man sich durchaus vorstellen.
Januar
Nachdem der Neujahrskater verflogen ist, stellen die meisten politischen Akteure überrascht fest, dass in diesem Jahr in der Region so gut wie alles neu gewählt wird, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Erschrocken geben mehrere Parteien zunächst die Wahl-Losung aus „Arnstadt ist nicht Berlin“. Aber was ist es denn dann? Die hektische Suche nach griffigen Wahlthemen beginnt.
Februar
Die Stadtratsfraktionen der SPD, der Grünen und vom Bürgerprojekt suchen einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten, finden aber keinen. Sie beauftragen deshalb eine künstliche Intelligenz (KI) mit der Suche. Der Kandidat soll aussichtsreich sein und möglichst vielen Fraktionsmitgliedern gefallen. Die KI antwortet umgehend und spuckt den Namen „Frank Spilling“ aus.
März
Auch die Arnstädter „Linke“ hat Probleme, einen aussichtsreichen Bürgermeisterkandidaten zu finden und bittet eine künstliche Intelligenz um Hilfe. Die KI rechnet ungewöhnlich lange und fängt dann bitterlich an zu weinen.
März
Ein bereits gekürter Bürgermeisterkandidat, ein hier gänzlich unbekannter eingefleischter Wuppertaler, verspricht im Falle eines Wahlsieges den Bau einer Schwebebahn in Arnstadt, weil es in seiner Heimatstadt eine gibt. Sie soll mobil sein, zunächst an der Jahresbaustelle Bierweg eingesetzt werden und später in der Schlossstraße und auf dem Markt dafür sorgen, dass trotz jahrelanger Bauarbeiten ein Verkehrskollaps verhindert wird.
April
Ein ebenfalls bereits gekürter Landratskandidat kündigt an, bei einem Sieg über die Amtsinhaberin eine Bobbahn von der Alteburg auf den Arnstädter Marktplatz bauen zu wollen. Das könne auch die Einsicht der Bürger in die Notwendigkeit einer Marktsanierung deutlich erhöhen, so der ehemalige Profisportler. Arbeitstitel des Projekts: „Mit Andrés Bob zum Bismarckbrunnen“.
Mai
Ende des Monats häufen sich die Anrufe im Servicecenter der Telekom, weil viele Arnstädter im Nachhinein feststellen müssen, dass sie sich verwählt haben. Die Schwebebahn bleibt aber in Wuppertal.
Juni
Arnstadt ist Weltkulturerbe! Der Titel wird für das Schlossmuseum als längste historische Baustelle der Welt verliehen. Das mittlerweile nicht mehr ganz so neue Neue Palais siegt in dieser Kategorie klar vor dem Kölner Dom und dem Flughafen BER. Es wird zwar seit dem 18. Jahrhundert genutzt, aber praktisch von Anfang an wieder saniert. Selbst die ältesten Arnstädter können sich nicht erinnern, das Schlossmuseum irgendwann richtig fertig gesehen zu haben. Und falls wirklich mal der Flügel mit dem Schmelzzimmer fertig werden sollte, geht es garantiert auf der anderen Seite von vorne los. Denn in keinem historischen Dokument, geschweige denn in einem Stadtratsbeschluss, wurde je ein Fertigstellungsdatum genannt.
Juli
Aus dem neuen Teilzeit-Citymanagement auf dem Holzmarkt kommt die erste Idee zu Belebung der Innenstadt: Arnstadt soll sich als Drehort für die ZDF-Serie „Traumschiff“ bewerben. Begründung: Die Stadt liegt deutlich näher am Meer als die Spielstätten des zu Weihnachten ausgestrahlten „Traumschiffs“ im US-Bundesstaat Utah. Außerdem könnte der Bach-Fan Harald Schmidt in dieser Folge neben den „Arnstädter des Jahres“ 2023 an der Orgel in der Bachkirche sitzen und so seine sinkenden Sympathiewerte etwas aufbessern. Der Reddin ist einfach bekannter und beliebter als die Schnarchnasen aus der Serie.
August
Im Rathaus wird ein drittes Bauamt eingerichtet. Es soll die Arbeit der beiden bestehenden Bauämter koordinieren. In der Folge verlängert sich die Dauer der geplanten städtischen Baumaßnahmen weiter. In diesem Zusammenhang wird bekannt, dass Arnstadt einen zweiten hauptamtlichen Beigeordneten hat. Das war bis jetzt kaum jemanden aufgefallen.
September
Arnstadt wird leider doch kein Traumschiff-Drehort. Die Local-Scouts von ZDF waren interessiert, kamen an einem Dienstag vorbei und labten sich am Nagel-Brot, standen aber dann am Popup-Store der auswärtigen Innenstadtretter auf dem Holzmarkt vor verschlossener Tür. Denn dort wird die Arnstädter Innenstadt derzeit nur donnerstags gerettet.
Oktober
Am Arnstädter Hauptbahnhof wird zwar noch immer keine Toilette eingerichtet, aber eine neue Werkstatt für Stoßdämpferreparaturen. Die Auftragslage ist wegen des Straßenzustands auf dem Bahnhofsvorplatz außergewöhnlich gut. In der Arnstädter Stadtverwaltung sucht man derweil noch immer nach dem Zuständigen bei der Bahn, mit dem man über die Zukunft des Bahnhofs reden kann. Jedesmal, wenn man einen gefunden hat, wechselt die Bahn die Zuständigkeit.
November
Die Südbahnhof-Kreuzung ist nur noch mit Allrad- und Kettenfahrzeugen befahrbar. Da es sich um Landesstraßen handelt, kann die Stadt aber nichts unternehmen. Das Land sieht zwar die Dringlichkeit der Sanierung der Stadtilmer Straße ein, will aber erst den Radweg entlang der Straße bis nach Dornheim projektieren, bevor mit der Fahrbahnsanierung begonnen wird. Voraussichtlicher Baubeginn: 2038.
Dezember
Eine Umfrage unter Arnstädter Bürgern ergibt zwei klare Trends: Die Arnstädter wünschen sich „mehr Arnstadt“ und „weniger heute“. Die Umfrage bestätigt die wissenschaftliche Erkenntnis, dass sich der Mensch immer nach dem Zustand der Welt zurücksehnt, den er mit ungefähr 20 verinnerlicht hat. Das Meinungsbild erklärt auch den Arnschter Hang zum Nölen, egal, wie gut es einem und der Stadt gerade geht. Ansonsten kann man leider aus der Umfrage keinerlei Handlungsempfehlungen ableiten. Die Stadtverwaltung und der Stadtrat sind deshalb mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Großartig.
Mega!