Die wandernde Unterführung

Über die Zukunft des Hauptbahnhofs wurde in den vergangenen  Jahren viel geredet, besonders in Zusammenhang mit einem neuen, modernen Güterbahnhof, der dann aber doch nicht kam. Nun teilt die Stadtverwaltung mit, der Bahnhof würde saniert und modernisiert. Was ist dran?

Die Planungsunterlagen stammen aus dem Jahr 2018. Also aus der Zeit, bevor der Arnstädter Hauptbahnhof durch ein modernes Güterterminal, vor allem für das Batteriewerk von CATL, erweitert und grundlegend modernisiert werden sollte.  Dann starb der neue Güterbahnhof einen leisen Tod – und von der restlichen Modernisierung war auch nicht mehr die Rede. Am Bahnhofsvorplatz wird zwar ein bisschen rumgeplant, aber was Konkretes gibt es da auch noch nicht. Doch jetzt, suggeriert eine Mitteilung der Stadtverwaltung, soll es doch losgehen mit der Sanierung und Modernisierung.  Die Unterlagen dazu kann man auf den Seiten es Eisenbahnbundesamtes einsehen. 

Doch wenn man die 90 MB große zip-Datei heruntergeladen und entpackt hat, kommt die Ernüchterung. Denn es geht gar nicht um die Zukunft des Bahnhofs insgesamt, sondern nur um die Fußgänger-Unterführung zwischen Bahnsteig 1 und 2/3. Sie soll wandern: vom jetzigen Standort an der Haupthalle ein paar Meter Richtung Plaue / Saalfeld. Der neue Fußgängertunnel soll ungefähr dort gebaut werden, wo sich schon jetzt der Bahnhofszugang vom Busbahnhof aus neben dem Hauptgebäude befindet. 

Aber warum das Ganze?

Folgt man der Argumentation der Planer, ist die alte Unterführung praktisch hin. „Die gesamthafte Erneuerung der Personenunterführung einschließlich Treppen- und Beleuchtungsanlagen ist aufgrund des baulichen Zustands gemäß Prüfbericht vom 07. 05. 2018 und unter Berücksichtigung des hohen Alters erforderlich“, heißt es etwa umständlich im „Erläuterungsbericht“ zum Bauvorhaben. Deshalb seien insgesamt drei Varianten untersucht worden:

  • Variante 1: Erneuerung an gleicher Stelle
  • Variante 2: Neubau ein Stück weiter weg
  • Variante 3: Neubau – mit Verlängerung als Durchgangs- Unterführung zum Rehestädter Weg

Bei Variante 3 wurde ich hellhörig: Das ist doch mal eine gute Idee. Wenn man schon die Bagger anrollen lässt, dann doch gleich mit Vorteil für die Anwohner im Norden. Aber viel Federlesens wird im Erläuterungsbericht mit Variante 3 nicht gemacht. Sie flog mit zwei knackigen Sätzen aus dem Wettbewerb: „Jedoch stehen auf Grund des geplanten Ausbaus des Güterbahnhofs die notwendigen Grundstücke hierfür nicht mehr zur Verfügung. Die Variante wurde somit durch die Stadt Arnstadt abgelehnt“. Der erste Satz ist zwar Blödsinn, weil ja gar kein Güterbahnhof mehr gebaut wird (was die Planer 2018 noch nicht wissen konnten) und Satz zwei erschließt sich mir nicht so recht, aber Variante 3 war damit raus und ward in dem dicken Ordner auch nie wieder gesehen. 

Bleibt die Frage, warum man die bestehende Unterführung nicht einfach wieder herrichtet. Geht nicht, sagen die Planer, ob man es ihnen nun glaubt oder nicht. Man müsste die ganze Unterführung rausreißen, eine provisorische Fußgängerbrücke samt Aufzug bauen und trotzdem könnten während der gesamten Bauzeit keine Züge fahren.  Warum man eine Fußgängerbrücke samt Aufzug braucht, wenn sowieso keine Züge fahren können, wird im Bericht nicht weiter erörtert.  Im Grunde spricht also alles, was die Planer schreiben, für Variante 2, die wandernde Unterführung. Da braucht man keine provisorische Fußgängerbrücke, weil ja die alte Unterführung noch solange benutzt werden kann, bis die neue fertig ist. Die neue Unterführung wird außerdem außerhalb aus Beton gegossen und dann erst eingesetzt, so dass die Sperrung der Bahnstrecken kürzer ausfallen kann (im Dokument werden 16 Tage veranschlagt). Und der Weg vom Bus zum Zug und umgekehrt wird auch noch kürzer! Im Dokument heißt das übrigens „Zuwegung zum ÖPNV“ und ich bitte alle Leser inständig, von solchen Worten keinen Gebrauch zu machen.   

Da die Vergleichstabelle zwischen den Varianten nicht nur dieses Ausdruckssschmankerl enthält, zitiere ich sie hier in voller Länge. „PU“ heißt übrigens Personenunterführung:

Wann gebaut werden soll, steht übrigens nicht im Erläuterungsbericht. Auch nicht, was aus dem Bahnhofsgebäude werden soll. Aber ein abschließbares Haus ohne Durchgangsverkehr zu den Bahnsteigen lässt sich auf jeden Fall besser vermarkten.  

Siehe auch:
Güterbahnhof ohne Eierkuchen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert