Arnscht von A bis Z

Arnstadt kann man nicht erklären. Entweder man versteht es oder ist von außerhalb. Aber weil auch Eingeborene zunehmend Schwierigkeiten mit dem haben, was hier vorgeht, kann man es ja zum feuchtfröhlichen Jahreswechsel wenigstens versuchen.

Arnschter Gemüt
Der gemeine Arnstädter fühlt sich am wohlsten, wenn er was zu nölen hat. Und was zu nölen gibt’s immer. Wenn zum Beispiel ein Tourist feststellt, dass es  hier viele toll sanierte Häuser und reichlich Cafés gibt, grummelt der Eingeborene: „Aber kein Kino“. Darüber regt er sich seit Jahren auf. Wenn es allerdings eins gäbe, würde er wohl kaum hingehen. Den Mist, der da läuft, muss er sich nicht antun. Und das Popkorn ist viel zu teuer. Eigentlich findet er es sonst ganz schön in Arnstadt, so wie es ist. Es gibt eine Menge nette Leute, mit denen man herrlich darüber schimpfen kann, was hier alles im Argen liegt. Woanders wohnen möchte er nicht, der Arnstädter. Schon gar nicht in Ilmenau.

Bach-Ausstellung
Die kurz vor Corona mit viel Landesgeld völlig umgestaltete Ausstellung hat viel mit Glauben zu tun. Zum Beispiel soll man glauben, dass sie besser ist als ihre Vorgängerin. Bachs Leben wurde von allem befreit, was Anstoß erregen könnte, die schlüpfrigen Lieder von den Familientreffen der Bachs sucht man in der Neufassung vergebens (dabei waren sie der heimliche Hit der alten Schau). Die neue Ausstellung zeigt Bach auf halbem Weg in den Himmel. Und da soll es ja ganz schön sein, aber blutleer.

Bismarckbrunnen
Die Zeit rückt näher, da er wieder herumstehen wird. In drei Jahren könnte es soweit sein, wenn nichts dazwischenkommt (es kommt immer was dazwischen). Wahrscheinlich wird er an der spitzen Seite des Marktes stehen, ob mit oder ohne Zaun, ist nicht klar. In den Planungsunterlagen sind beide Varianten abgebildet:

Quelle: Stadtverwaltung Arnstadt

Arnstadt kann sich dann überregionaler Aufmerksamkeit sicher sein. Vom „Arnstädter Brunnenstreit“ werden  alle Medien berichten, denn die Auseinandersetzungen hören mit der Vollendung nicht auf. Darüber, ob so ein Teil heute noch zeitgemäß ist, ob man es nicht woanders hätte hinstellen sollen und ob es sich mit dem Bach-Denkmal verträgt. Der Brunnen wird viele Neugierige in die Stadt ziehen, was auch dringend nötig ist. Die langen Sanierungsjahre, die auf Arnstadt zukommen, bevor der Brunnen steht, werden trübe genug.

Das nehmen wir mit
Allg.: Verständigungsfloskel zwischen Wohnungseinbrechern, welches Diebesgut sich lohnt. Spez. Arnstädter Bedeutung: Wird von der Stadtverwaltung verwendet, um auf Bürgerversammlungen lästige Vorschläge zur besseren Verträglichkeit von Baumaßnahmen entgegenzunehmen und auf Nimmerwiedersehen zu entsorgen.

Früher
Bevorzugte Lebenszeit des gemeinen Arnstädters, manchmal auch ganz früher. Früher äußert sich in Arnstadt meist montags oder zu Wahlterminen.

Jonastal
Äußerlich lieblicher Ort mit scheußlicher Vergangenheit. Da es keinen Zugang zu den dortigen Stollen mehr gibt, kann man alles hineindichten, was man will und damit reichlich Zeitungsseiten und Bücher füllen. Allesamt handeln sie davon, dass „die da oben“ alle unter einer Decke stecken und uns die Wahrheit verschweigen. Die einzig wahre Wahrheit gibt’s nur in den Büchern und Zeitungsartikeln, allerdings erst in der nächsten Folge: Man ist da einer ganz heißen Sache auf der Spur.

Markt
Aktuell der größte Aufreger in der Stadt. Kaum einer versteht, warum er totaloperiert werden muss und alle vorhandenen Bäume gefällt werden sollen. Hinterher werde alles besser, schöner und grüner, so das vage Versprechen. Geplante Bauzeit: zwei Jahre ab September 2025. Aber wir merken ja an der Bierweg-Brücke, dass geplante Bauzeiten nur Schätzwerte sind.

Mon Plaisir
Einst und hoffentlich auch irgendwann zukünftig weltbekannte Arnstädter Puppensammlung, die aber in diesem Jahr Stück für Stück verschwand, bis am Ende nur noch ein Raum mit wenigen Puppenstuben und einem großen leeren Schrank übrig blieb. Am Jahresende sollte die Sammlung eigentlich ganz geschlossen werden, um alle Puppen und Stuben zu sanieren. Nur durch beherzten Eingriff der neuen Museumsdirektorin (die alte verschwand irgendwann sang- und klanglos) wurde dieser Plan aufgegeben, es soll nun wenigstens eine „Interimslösung“ während der Sanierung geben. Wie lange diese dauern wird, traut sich keiner zu sagen, es gibt  zu viele Baustellen im Schlossmuseum und auch deshalb zu wenig Besucher. So hat kaum einer mitbekommen, dass am letzten Wochenende des scheidenden Jahres das Schlossmuseum „aus technischen Gründen“ ganz geschlossen war. Hoffentlich wirklich nur vorübergehend. Und hoffentlich kehrt „Mon Plaisir“ bald saniert und besser beleuchtet zurück.

Neutorturm
Im Frühjahr brannte die Kuppel eines der Arnstädter Wahrzeichen und die Einwohner wollten gar nicht aufhören für den Wiederaufbau zu spenden. In einem Prozess stellte sich heraus, dass ihn eine Gruppe Jugendlicher aus der rechten Szene angezündet hatte. Wer genau, wurde nicht geklärt.

Schlossstraße
Heißt so, weil sie im kommenden Jahr geschlossen wird, damit man sie öffnen kann. Für lange zwei Jahre, dann soll soll sie wieder genau so aussehen wie vorher – im Gegensatz zu den Anwohnern, denen jetzt schon graue Haare wachsen. Vorschläge, die Bauphase zum Beispiel durch echte Bauabschnitte wenigstens etwas zu entspannen, wurden von der Verwaltung freundlich zur Kenntnis genommen: „Das nehmen wir mit“.

Stadtgeschichtsmuseum
Arnstädter Variante von Bielefeld, aber in echt: Das gibt’s doch gar nicht!

Theater im Schlossgarten
findet neuerdings nicht nur im, sondern auch um das Theater statt. Nachdem vor Jahren durch die Bestellung eines neuen Intendanten sowohl Angebot als auch Auslastung sprunghaft angestiegen waren, liegt jetzt wohl irgendwas im Argen. Man weiß es aber nicht genau, weil keiner drüber reden darf. Jedenfalls sind Intendant, sein Spezi und die Buchhalterin irgendwie weg und ein Marktmeister hat das Geschäft übernommen, was für ihn ein Glücksfall sein dürfte, denn einen Markt hat er ja bald nicht mehr. Ob ab kommenden Jahr die Marktstände dienstags auf dem Theaterplatz aufgestellt werden und wie es mit dem Theater drinnen weitergeht, ist nicht bekannt.

Woanders
Beliebtester Wohnort führender Arnstädter Verwaltungsmenschen.

Zweitausendfünfundzwanzig
wird für Arnstadt in jedem Fall ein gutes Jahr. Entweder es wird wirklich gut oder es gibt ordentlich was zu nölen. Und das wäre für den gemeinen Arnschter noch besser als gut!
Man sollte für einen Arnstadt-Bummel auf jeden Fall das Frühjahr nutzen, dann ist die Schlosstraße noch keine Baustelle und die Linden auf dem Markt blühen zum letzten Mal. Mal sehen, was uns danach blüht.

Na dann Prost!

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