Gestern habe ich den Beitrag „Nix mit Buga“ veröffentlicht. Die Reaktionen – sowohl bei Facebook als auch hier in den Kommentaren – waren heftig. Ich habe wohl ein wenig zu tief in die Spott-Kiste gegriffen. Aber aus Gründen.
Zu Neujahr 2012 habe ich hier im Blog einen Beitrag veröffentlicht, der „Sehnsucht nach Visionen“ hieß. Es war eine Analyse der letzten Amtsphase von Bürgermeister Hans-Christian Köllmer. Ziemlich genau 42 Monate später stelle ich mit Erschrecken fest, dass man den Beitrag heute fast genau so schreiben könnte. Sicher, die Ichtershäuser Straße ist ein wenig besser geworden, aber sonst…
Die Stimmung ist noch immer mies. Und die Leute dürsten noch immer nach einer Perspektive für diese schöne Stadt.
Stattdessen werden Endzeitszenarien diskutiert. Wie lange wird es den Tierpark noch geben? Können wir uns das Schlossmuseum noch leisten? War das schon das letzte Bachfestival? Und wo feiern wir künftig, wenn es die Stadthalle nicht mehr gibt?
Das löst Ängste aus und Verteilungskämpfe. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Sondern nur eine „vorläufige Haushaltsführung“ auf unbestimmte Zeit. Das alles hat sachliche Gründe, Arnstadt fehlt Geld. Aber ich kann mich nicht entsinnen, dass wir davon je genug gehabt hätten. Und wenn ich die Finanzer richtig verstehe, könnte es uns in absehbarer Zeit auch wieder besser gehen. denn an Steuereinnahmen stecken wir so manche andere Thüringer Stadt in die Tasche.
Nein, es geht uns nicht besonders schlecht. Andere Kommunen werden sogar zwangsverwaltet und strahlen trotzdem Optimismus aus. Und was die Differenzen zwischen Stadtrat und Bürgermeister betrifft, ist die Zeitung voll von Beispielen, wo es noch viel haariger zugeht als in Arnstadt.
Vielleicht war ich deshalb so sauer, dass nun auch die Buga-Bewerbung in die Hose gegangen ist. Denn das ist etwas, das unser jetziger Bürgermeister gelernt hat: Er ist Landschaftsarchitekt. Und wer ihn schon einmal als Erklär-Bär im Schlossgarten erlebt hat, weiß, dass er nicht nur fachlich davon Ahnung hat, sondern sich für „seinen“ Schlossgarten richtig ins Zeug legen kann. Mitreißend und überzeugend. Zwei Attribute, die mir beim Lesen der von ihm verfassten Bewerbung leider nicht in den Sinn kamen.
Was ich dann aufgeschrieben habe, war wohl im Ton etwas rüde. Aber ich hatte insgeheim gehofft, dass ich wenigstens in der Buga-Bewerbung irgendwo eine Vision des Bürgermeisters für Arnstadt finden würde, mit der ich mich identifizieren kann.
Denn ein Bürgermeister hat die verdammte Pflicht, den Leuten Mut zu machen und Visionen zu geben. Ja, er muss auch sparen können, dafür wird er bezahlt. Aber gewählt wird ein Bürgermeister, damit es vorwärts geht. Vielleicht nicht gleich nachher, aber wenigstens später.
Arnstadt braucht Ziele, für die sich Bürger gern engagieren. Nicht nur Sparziele. Dass es nun mit dem Schlossgarten nichts wird, ist kein Beinbruch. Ich werde mich auch so weiter an den versteinerten Kopffüßlergehäusen ergötzen, die dort im Muschelkalkpflaster zu finden sind.
Aber es wird Zeit, etwas gegen die anhaltende schlechte Laune in Arnstadt zu tun.
Lieber Ebs, ich habe gestern keinen Kommentar geschrieben, weil ich fand, dass dem nichts hinzuzufügen war. Umso mehr erschüttert bin ich über das, was auf FB kommentiert wird, und darüber, dass es einer Erklärung deinerseits zu bedürfen scheint. Was ist denn so falsch daran, sich an einer auch meiner Meinung nach lieblosen Bewerbung zu stoßen?
Ist es denn nicht so, dass Leidenschaft in Arnstadt öfter in Streit investiert wird als in Miteinander? Wie leidenschaftlich hat Alexander Dill seinerzeit die Schlossgartenmauer verteidigt. Und letztlich genügend Menschen überzeugt, dass sie so gebaut wurde, wie sie heute da steht. Glaubt er und irgendjemand anderes tatsächlich, dass diese Buga-Bewerbung jemanden überzeugt, Arnstadt anderen vorzuziehen?
Ja, manche Meinungen sind unangenehm. Unbequem. Manch einer möchte, dass sie, wenn überhaupt, nur am Stammtisch ausgesprochen werden. Nein Ebs, halt Dich bitte auch künftig nicht zurück. Und wenn Du Dir keine Freunde machen solltest mit Deiner Offenheit, so rüttelst Du vielleicht jemanden auf.
Danke, Thomas. Aber die Fortsetzung soll keinesfalls ein Rückzieher sein, sondern eine Erklärung. Ich mach schon so weiter…
Lieber Ebs!
Lass dir nichts vormachen. Der Ton war definitiv angemessen. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, dass du wütend warst. Ein bisschen hast du es kommen sehen, als du zum ersten Mal den Dill-Schriebs veröffentlicht hast, oder?
Es ist das besondere Schicksal der Schreiber, die über ihre unmittelbare Umgebung schreiben, dass die Ausschläge extrem sind: Großes Lob für vieles und schwerste Enttäuschung, wenn die Kritik überwiegt. Und viel schlimmer, wenn es noch (selbst vorsichtig) sarkastisch ist. Ging (geht) mir in Geraberg nicht anders. Du kannst dem nicht ausweichen. Wenn Kopf und Herz das Schreiben wollen, ist hier der Platz. Denn das ist der Vorteil: Journalisten können später als Blogger auf eine ganze Menge Rücksichtsreflexe verzichten, (ohne unfair zu sein).