130 Brauhöfe gab es um 1700 in Arnstadt. Bach war in dieser Zeit hier und die Puppensammlung „Mon Plaisir“ entstand. Aber wer wurde zwischen 1700 und 1753 Bürger von Arnstadt? Darauf gibt Andrea Kirchschlagers neues Bürgerbuch eine Antwort.
Johann Ernst Bach wurde zwar 1683 in Arnstadt geboren, aber erst 1719 zum Bürger der Stadt. Aufgewachsen war er nach dem frühen Tod des Vaters in Ohrdruf, wo er gemeinsam mit seinem heutzutage wesentlich bekannteren Cousin Johann Sebastian auch die Schule besuchte. Als jener während seines Engagements als Organist in Arnstadt 1705 nach Lübeck ging und diesen Aufenthalt eigenmächtig auf drei Monate ausdehnte, vertrat ihn Cousin Johann Ernst an der Orgel der heutigen Bachkirche. Und nach Johann Sebastians endgültigem Weggang aus Arnstadt wurde Johann Ernst dessen Nachfolger als Organist der „Neuen Kirche“. Später bewarb er sich auch als Organist erfolgreich in der Ober- und Liebfrauenkirche,
Johann Ernst Bach war damit Organist in den drei bekanntesten Arnstädter Kirchen – das hatte Cousin Johann Sebastian nie geschafft. So kann man es im jetzt erschienenen „Bürgerbuch 1700 – 1753“ von Andrea Kirchschlager nachlesen. 2024 Arnstädter, die in dieser Zeit das Bürgerrecht erwarben, sind dort enthalten. Und diese Eintragungen sind äußerst Leser-freundlich aufbereitet: Am Ende des Buches findet sich ein umfangreiches Namens- Berufs-, Orts- und Sachregister. So kann man sich auf die Spuren verschiedener Familiengeschichten begeben und viel über diese Gegend und ihre Vergangenheit erfahren.
Es ist schon die zweite Publikation der Arnstädter Archivarin zu diesem Thema, vor vier Jahren war das erste Bürgerbuch (1566 – 1699) erschienen. Die nun vorliegende Fortsetzung widmet sich einer für Arnstadt besonders interessanten Zeit, in die nicht nur der Aufenthalt Johann Sebastian Bachs in der Stadt fällt. Arnstadt verlor nach dem Tod des Fürsten Anton Günther II. den Status als ständiger Regierungssitz, damit begann der Niedergang des Schlosses Neideck. Bei Oberndorf wurde Schloss Augustenburg gebaut, wo unter Auguste Dorothea die berühmte Puppensammlung „Mon Plaisir“ entstand. Und auch der Bau des „Neuen Palais“ in der Stadt fällt in diese Zeit, wo heute diese Puppensammlung zu sehen ist.
Andrea Kirchschlager hat auch für ihr neues Buch nicht nur das alte Bürgerbuch ausgewertet, sondern die Kirchenbücher und andere Quellen nach ergänzenden Informationen durchsucht. So erfährt man bei Johann Ernst Bach auch den möglichen Grund, warum er gerade 1719 um die Aufnahme in die Arnstädter Bürgerschaft nachgesucht hat: Er wollte heiraten. Getraut wurde er ein Jahr später in Wandersleben. Leider war die Ehe nur von kurzer Dauer, seine Frau Anna Helena Margaretha starb schon 1721.
Auskunft gibt das Bürgerbuch auch über die Geschichte der in Arnstadt bekannten Familie Schellhorn. Lorentz Schellhorn, geboren in Großliebringen, wird schon bei seiner Aufnahme als Arnstädter Bürger im Jahre 1706 als „Böttner“ bezeichnet. Und sein Sohn Ludwig Friedrich, der 1737 zum Bürger wurde, war „Kiefer“ (Küfer) „bey der verwittweten Durchlauchtigsten Fürstin allhier“. Schellhorns Weine haben offenbar schon damals geschmeckt.
Die Beispiele zeigen: Beim Stöbern in Andrea Kirchschlagers neuem Bürgerbuch finden sich viele Geschichten um Menschen aus Arnstadt. Durch die wissenschaftliche Aufbereitung ist es ein würdiger Beitrag im Jubiläumsjahr „750 Jahre Stadtrecht“ und eine echte Bereicherung der Schriftenreihe der „Stiftung Stoye“, die sich mit Familienforschung in Mitteldeutschand beschäftigt.
Der bekannteste Arnstädter Bach, Johann Sebastian, war übrigens nie Arnstädter Bürger. Dazu war er wohl zu kurz in der Stadt. Das Bürgerrecht brauchte man nicht, um hier zu arbeiten, sondern nur, um zum Beispiel Grundbesitz zu erwerben oder zu heiraten. Das tat Johann Sebastian erst, als er schon seine nächste Stelle in Mühlhausen angetreten hatte. Zu Hochzeit mit Maria Barbara kam er zwar 1707 in die Gegend zurück, aber nicht nach Arnstadt. Die Trauung fand in Dornheim statt.
Bürgerbuch der Stadt Arnstadt 1700 – 1753
Schriftenreihe Stiftung Stoye, Band 61
29,80 Euro