Dass die Arnstädter AfD eine Liste mit nur fünf Kandidaten für die Stadtratswahl aufgestellt hat, könnte nicht nur die potenziellen Wähler der Partei verunsichern. Es könnte auch die Zahl der Sitze im Stadtrat und die Mehrheitsverhältnisse verändern.
„Klein aber fein“ sei die Liste für die Arnstädter Stadtratswahl, postete die AfD Ilmkreis-Gotha bei Facebook nach der Aufstellungsversammlung. Ob sie fein ist, wird die Praxis zeigen, ich kenne nur einen der Kandidaten, bei dem ich mal eine Uhr reparieren ließ. Aber dass sie klein ist, wird wohl niemand in Zweifel ziehen. Und das könnte noch für einige Überraschungen sorgen.
Die AfD verfügt in Arnstadt über ein recht großes Wählerpotenzial, 29 Prozent der Zweitstimmen entfielen bei der Bundestagswahl 2017 auf diese Partei. Deshalb war in der jüngsten Vergangenheit die Unruhe bei den politischen Mitbewerbern groß: Würde es die AfD bei der Stadtratswahl schaffen, stärkste Fraktion zu werden? Diese Frage kann man nach Verabschiedung der Liste klar mit Nein beantworten: Die AfD kann höchstens fünf Sitze im Stadtrat erringen. Mehr Kandidaten gibt es nicht.
Falls mehr Arnstädter die AfD wählen sollten, sind diese Stimmen für die Katz. In § 22 des Thüringer Kommunalwahlgesetzes heißt es klar: „Fallen einem Wahlvorschlag mehr Sitze zu, als er Bewerber hat, so bleiben die übrigen Sitze unbesetzt.“ Das bedeutet: Würden bei der Stadtratswahl ähnlich viele Stimmen für die AfD abgegeben wie zur Bundestagwahl, gäbe es trotzdem nur fünf AfD-Stadtratsmitglieder – und bis zu sechs „unbesetzte Sitze“. Ob man nun in einem solchen Fall leere Stühle im Rathaussaal stehen ließe oder nicht, faktisch würde die Gesamtzahl der Stimmen reduziert. Statt 34 (plus Bürgermeister) hätte der Stadtrat dann nur noch 28 Sitze, weniger als vor der Fusion mit dem Wipfratal. Das hätte Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse, das Gewicht der anderen Fraktionen würde dadurch zunehmen.
Die Botschaft dürfte Arnstädter AfD-Anhänger ziemlich verunsichern: Für die AfD-Fraktion im Stadtrat gibt es eine Obergrenze von fünf Sitzen. Wenn viele Wähler zur Stadtratswahl bei der Partei ihr Kreuzchen machen, wird nicht die AfD stärker, es wird nur der Stadtrat kleiner. Das legt die Schlussfolgerung nahe, doch lieber eine andere Partei oder deren Kandidaten zu wählen. Dann ist die Stimme wenigstens nicht verschenkt.
Warum aber hat die sich AfD in diese missliche Lage gebracht und nur so wenige Kandidaten aufgestellt?
Ich glaube, es ist die reine Personalnot. Stadtecho-Gründer Hans-Joachim König hat aus Altersgründen verzichtet, Steffi Brönner, die früher sogar stellvertretende AfD-Landeschefin war und aus Protest gegen den Kurs von Björn Höcke von diesem Posten zurücktrat, hat nach Auskunft des AfD-Kreisverbandes schon seit einem Jahr an keiner regionalen Parteiversammlung mehr teilgenommen. Der Landtagsabgeordnete Olaf Kießling hat zwar ein Büro in Arnstadt, wohnt aber nicht hier – was Voraussetzung für eine Kandidatur wäre. Auch andere AfD-Funktionäre wie Marcus Bühl, Sebastian Thieler oder Rüdiger Schmitt, die gelegentlich oder regelmäßig in Arnstadt auftreten, sind keine Arnstädter. Und innerhalb Arnstadts ist es nicht gelungen, Leute aus dem konservativen Lager an die AfD zu binden.
Die Arnstädter AfD hat viele Wähler, aber wenig Leute. Bei vielen Parteien ist es genau andersrum. Wie sich dieses Spannungsverhältnis auflöst, ist derzeit noch nicht abzusehen.
Update 25. April: Spitzenkandidat Matthias Hansel hat seine Bewerbung zurückgezogen. Die AfD tritt zur Stadtratswahl nur mit vier Kandidaten an.
Das liegt wohl einfach daran, dass es potenzielle Kandidaten gäbe, diese aber Angst vor denunziation und Angriffen gegen die eigene Person haben. Leider ist die Hetze gegen die AfD und Ihre Mitglieder inzwischen legitim. Da brauch man sich dann nicht wundern wenn die Demokratie nicht bedient werden kann. Wobei vielleicht ist genau das gewollt, 😉
Der Rat hat auch de jure entsprechend weniger Sitze. Der Rat kann sich auch während seiner Amtszeit Zahlenmäßig reduzieren, wenn einem Wahlvorschlag die Nachrücker „ausgehen“. Beides auch in 23 Abs. 5 ThürKO geregelt.
Insofern muss man, nicht nur für die Wahl sondern auch mit Blick auf die fünf Jahre danach, vor zu kurzen Listen warnen.