Das Bus-Debakel

Das Landratsamt des Ilmkreises hat jetzt zu den Problemen im Busverkehr seit der Übernahme der Verantwortung durch die kreiseigene Firma IOV Stellung genommen und Nachbesserungen versprochen. Doch so einfach ist das nicht. Die Chancen eines positiven Neuanfangs wurden vertan.

Zur Kreistagssitzung am 18. Juni dieses Jahres  erhielt die AfD-Fraktion eine schriftliche Antwort von Landrätin Petra Enders auf eine Reihe von Fragen, die sie schon vor der Sitzung eingereicht hatte. Darunter ging es auch um die Neuorganisation  des Busverkehrs ab 1. Juli. Die Antwort der Landrätin, die man hier herunterladen kann, lässt sich so zusammenfassen: Alles in Butter. Der Fahrplan ist fertig, es gibt beim IOV genug Busse und genügend Fahrer. Die Antwort endet mit folgendem Satz:
„Eine Verschlechterung der Anbindungen der Orte im Kreis durch den öffentlichen Straßenpersonennahverkehr mit dem Fahrplan ab 01. 07. 2019 ist somit nicht zu erwarten.“

Genau einen Monat später kam gestern, nach langem Schweigen, eine Erklärung aus dem Landratsamt, die das ziemliche Gegenteil einräumt: Der Start war von Pannen begleitet, viele Verbindungen sind schlechter geworden, einige Dörfer im Kreis sind nur noch schwer zu erreichen. „Die Probleme nehmen wir (…) sehr ernst“, schreibt Melanie Tippel, die persönliche Referentin der Landratin. Hätte man es doch schon früher getan.

Der Busbetrieb, die Landkreisverwaltung und die rot-rot-grüne Mehrheit im Kreistag haben den Übergang zum kommunalisierten Busverkehr im Kreis gründlich versemmelt. Offenbar gab es keine gründliche Testphase für den Start, die Informationspolitik war schlecht, die Auswirkungen der Fahrplanänderungen wurden  völlig unterschätzt und vor allem gab es keinerlei sichtbares Krisenmanagement. Zwar wird hinter den Kulissen kräftig gewirbelt, aber bis heute hat niemand die Schuld für das Debakel auf sich genommen, geschweige denn, das Wort „Entschuldigung“ in den Mund genommen.

Das mangelnde Engagement  bei diesem Thema ist kaum nachzuvollziehen, denn die Kommunalisierung des Nahverkehrs gehörte zu den Prestigeprojekten der Landrätin und der sie stützenden Parteien im Kreistag. Die zunächst einvernehmlich auf den Weg gebrachte Zusammenführung der beiden Busbetriebe IOV (Ilmenau) und RBA (Arnstadt) zu einer kreiseigenen Gesellschaft wurde schon bald zu einem Streitpunkt, weil die Arnstädter plötzlich nicht mehr wollten und alle Mittel nutzten, um als eigenständige Gesellschaft trotzdem im Busgeschäft zu bleiben.  Am Ende zog der RBA den Kürzeren und der IOV übernahm den Verkehr für den ganzen Kreis.

Damit war klar: Die Kommunalisierung musste klappen – und zwar besonders gut. Man hätte den Bürgern im Altkreis Arnstadt das Gefühl vermitteln müssen, dass die neue Lösung für sie Vorteile bringt. Doch darum hat sich offenbar keiner gekümmert.

Dabei geht es nicht um jedes Fahrplan-Detail.  Schon bei vergangenen Fahrplanwechseln gab es Verschlechterungen. Das lag daran, dass Nahverkehr teuer ist und die Einwohnerzahlen im ländlichen Raum zurück gehen. Umso wichtiger wäre es gewesen, gerade bei diesem Fahrplanwechsel weitere Verschlechterungen zu vermeiden.  Zumal es sich nur um einen Übergangsfahrplan handelt: Der jetzige gilt nur bis 17. August, dem Ende der Thüringer Sommerferien. Dann kommt schon wieder ein neuer.

In der Presseerklärung aus dem Landratsamt wird nun in Aussicht gestellt, dass viele der aktuellen Probleme mit dem Fahrplanwechsel im August behoben werden könnten. Aber so einfach ist das nicht, denn der Fahrplan muss vom Landesverwaltungsamt genehmigt werden. Das ist keine bürokratische Schikane, denn das Land bezahlt viel Geld für den Nahverkehr und möchte sicherstellen, dass es sinnvoll und sparsam verwendet wird. Ein Streitpunkt ist dabei immer wieder der so genannten „Parallelverkehr“ von Bus und Bahn: Sie sollen sich nicht gegenseitig die Passagiere wegnehmen. Deshalb dauert eine Fahrplanprüfung im Landesverwaltungsamt immer ziemlich lange. Dass kurzfristig bis Mitte August ein besserer Fahrplan aus dem Boden gestampft und genehmigt wird, darf deshalb stark bezweifelt werden.

Solche sachlichen Fragen spielen aber in der aktuellen Debatte kaum eine Rolle. Dominiert wird sie von AfD, CDU und Freien Wählern, die der Landrätin Versagen vorwerfen, während es in den Reihen der rot- rot-grünen Kommunalisierungsfraktion ziemlich still ist. Nur Frank Kuschel (Linke) kämpft (zum Beispiel bei Facebook) wacker weiter für seine Sache. Die freien Wähler, besonders die aus Arnstadt und Umgebung, sehen nun eine Chance, die Kommunalisierung zurückzudrehen und den RBA doch noch zurück ins große Liniengeschäft zu bringen, gegenwärtig ist die Firma nur als Subunternehmen für die Ilmenauer Konkurrenz dabei.

Ich halte das für keine tragfähige Idee. Denn die Kommunalisierung ist vollzogen, wenn auch mit einem schlechten Start. Das muss ausgewertet und geändert werden. Allerdings wird das Gefühl, dass dieses große Landratsamt der Kommunalisierung des Nahverkehrs nicht gewachsen ist, noch eine ganze Weile bleiben. Und es wird eine ganze Weile dauern, bis es den Leuten wieder Spaß macht, im Ilmkreis mit dem Bus zu fahren. Und das ist vielleicht sogar der noch größere Schaden.

Ein Gedanke zu „Das Bus-Debakel“

  1. Ein sehr guter sachlicher Beitrag.
    Der den Nagel auf den Kopf trifft.
    Es ist zu befürchten, das der Schlagabtausch zur Thematik noch nicht beendet ist.

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