Die Schule am Schlossplatz ist wieder eine richtige Schule. Mit einer supermodernen Ausstattung, aber dem Charme eines über 100 Jahre alten Hauses. Zur Wiedereröffnung gab es entsprechend hohen Promi-Auflauf und lobende Worte. Aber leider keine Sporthalle.
2010 war eigentlich alles am Ende. 95 Jahre gymnasiale Tradition wurden durch peinliche persönliche Animositäten und politische Ränkespiele einfach abgewürgt. Nach dem guten alten schottischen Wahlspruch „Es kann nur einen geben“ wurde das damalige Herder-Gymnasium zum Sieger erklärt – und das Neideck-Gymnasium am Schlossplatz stand plötzlich ohne Zukunft da.
Oben auf dem Berge aber begann sich die Leitung der Bechstein-Regelschule für das Traditionshaus zu interessieren. Die dortige Plattenbau-Schule war für Grund- und Regelschule zu klein, also suchte die Regelschule ein neues Zuhause.
Es floss allerhand Wasser die Gera hinunter, in das Haus am Schlossplatz zogen baustellenbedingt andere Schüler ein, zuerst aus Marlishausen, dann vom Arnsberg. Aber kaum waren zwölf Jahre vergangen, da wurde die Idee zur materiellen Gewalt: Die Regelschule vom Berge zog heute offiziell an den Schlossplatz.
Die Schule heißt nun etwas umständlich „Schule am Schloss Neideck“, aber sie ist wohl der heißeste Bildungstempel, der sich weit und breit finden lässt. Nicht nur elektronische Tafeln in allen Räumen und WLAN überall, sondern auch eine ganze Reihe von Spezialkabinetten zur Berufsvorbereitung, die einen schon staunen lassen. Ein Raum voller Nähmaschinen zu Beispiel, wo handarbeitliche Fähigkeiten geschult werden können, eine große Küche, wo man das Kochen lernen kann. Dazu die üblichen Fachkabinette für Biologie, Chemie oder Physik, die man von Gymnasien kennt. Aber das hier ist eine Regelschule, wenn auch eine berufsvorbereitende.
Was aber wie ein Wunder scheint: Trotz dieser Modernisierungen hat die Schule ihren Charakter behalten. Sie ist das Haus geblieben, das Martin Schwarz vor über 100 Jahren entworfen hat und in dem so viele Schülergenerationen zum Abitur geführt wurden. Dank der rührigen Lehrerin im Ruhestand Gudrun Baer aus Stadtilm ist diese wechselvolle Geschichte jetzt auch ziemlich lückenlos erforscht und wird den heutigen Nutzern über eine Ausstellung im Treppenhaus täglich vor Augen geführt. Arnstadt hat viele schöne Schulen, aber die wenigsten haben so eine gut erforschte Geschichte.
Entsprechend länglich-lobend fielen gestern die Reden der Ehrengäste zur Schlüsselübergabe aus, Schulleiterin Carola Gorke sprach sogar von einem „Traumhaus“.
Es ist aber auch wirklich ein Träumchen, sogar bis auf den Schulhof, der ebenfalls neu gestaltet wurde. Allerdings sollte man vom Hof nicht Richtung Fasanengarten blicken, denn da steht noch ein Schulteil, der bei der Sanierung nicht so recht berücksichtigt wurde: die alte Sporthalle. Sie ist nicht nur nicht saniert, sondern sogar gesperrt. Ob nun aus Geldmangel, fehlender Kraft oder beidem, zum Sportunterricht müssen die Schüler ins Gymnasium oder die Bach-Schule am Plan gehen. Wie lange ist offen.
Aber vielleicht ist es ja auch Absicht. Denn eine völlig perfekte Schule – das wäre ja nicht auszuhalten.
Ein Gedanke zu „Fast perfekt“