Arnstadt ist reich. Reich an hübschen Hütten, netten Leuten und unterschiedlichen Meinungen im Stadtrat. Nur mit dem Geld ist das so eine Sache. Arnschter Geld ist wie das Monster unterm Bett. Es ist nur da, wenn man wegguckt. Wenn man hinguckt, ist es weg.
Eigentlich müsste genug Knete in der Stadtkasse sein. Es wird es immer voller in den Gewerbegebieten und leerer im Arbeitsamt. Genau wie im benachbarten Ichtershausen. Mit einem Unterschied: Ichtershausen vergoldet die Türklinken und kann sich sogar eine Art Gera-BER leisten: Eine „Neue Mitte“, die nie fertig wird. Arnstadt hingegen ist so arm, dass sich nicht einmal ein Bettler vors Rathaus setzen würde. Aus Angst, der Bürgermeister könnte ihn um eine Spende bitten.
Wie arm Arnstadt ist, darüber streiten sich die Geister. Experten sprechen von einer „Gezeiten-Armut“: Meistens ist Ebbe. Aber manchmal ist auch Flut. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass es immer dann einen unerwarteten Geldsegen gibt, wenn in Arnstadt nicht genölt wird. Also äußerst selten. Bei Westwind oder der Sichtung des wolfsresistenten Jonastal-Schafes hingegen treten vermehrt schwere Finanzkrisen auf.
Für die Bewältigung der Gezeiten-Armut hat Arnstadt ein ausgeklügeltes Verfahren entwickelt, das als „Kuschel-Dill-Paradoxon“ Eingang in die Fachliteratur gefunden hat. Danach laufen bei Feststellung eines Haushaltsloches automatisch folgende Schritte ab:
1. Der Bürgermeister öffnet das Fenster zum Markt und ruft laut „Irgendwas schließen“. Er sagt natürlich nicht „irgendwas“, sondern wahlweise Theater, Tierpark, Tierheim, Stadtmarketing, Bibliothek oder Bahnhofstoilette…
2. In einem Büro in der Turnvater-Jahn-Straße wird die Schublade mit fertigen Presseerklärungen geöffnet und aus dem „Dill-muss-weg“-Hefter das Exemplar mit dem Arbeitstitel „Sparen ja – aber nicht jetzt und da“ an die wartenden Brieftauben übergeben. Der Inhalt ist immer gleich: „Wir sind ja grundsätzlich schon immer für Sparen. Aber was der Bürgermeister vorschlägt, geht gar nicht. Und überhaupt soll er erst mal richtig nachzählen“. Der Brieftaube an den Bürgermeister wird vor dem Abflug noch eine Abführpille verabreicht.
3. Es folgen hitzige Debatten im Stadtrat, manchmal wird ein teurer ahnungsloser Außenstehender als Verwalter eingesetzt, manchmal wird auch etwas umstrukturiert (ohne nennenswerte finanzielle Folgen).
4. Es findet sich plötzlich eine immense Gewerbesteuernachzahlung an, die sogar den Bau einer neuen Feuerwache ermöglicht.
5. Alle legen sich wieder hin. Denn wer auf dem Sofa liegt, kann nicht sehen, was drunter ist. Und man kann so schön träumen. Von Monstern oder vom Geld.
Genial! 🙂