Das Laub, der Nabu und ich

Es ist Herbst, das ist eine sehr schöne Jahreszeit. Aber leider fällt dabei auch Laub herunter. Bei mir im Garten ist es überwiegend städtisches Laub von mir zugeneigten öffentlichen Bäumen, aber man soll ja Geschenke nicht ablehnen.

Weil es auf die Dauer jedoch etwas nervig war, jeden Tag den Rechen zu schwingen, haben wir einen kleinen Laubsauger angeschafft, mit Häckselfunktion wegen der raumsparenden Entsorgung.

Eine feine Sache, dachte ich, bis jetzt eine Pressemitteilung vom „Nabu“ kam und mich eines Besseren belehrte: Als vorsätzlicher Laubsauger bin ich praktisch ein Umweltferkel, der Igel häckselt und das Radieschenbeet um seinen wohl verdienten Wintermantel bringt. Der Nabu-Rat: Ich soll das Laub zu einem großen Haufen zusammenrechen und liegen lassen.

Da darf aber dann bitte keiner zu viel Wind machen, auch der „Nabu“ nicht. Sonst fliegt die Sache auf.

Brücken schlagen

Gerade wurde mal wieder ein Baustopp in Dresden verhängt, wenn auch nur für eine Woche. Die Kämpfe um die Waldschlösschenbrücke wollen nicht enden. Das Stuttgart 21 des Ostens hat schon einen Welterbe-Titel gekostet, eine langfristige Lösung für den Verkehr wird die Brücke nicht bringen. Ein Durcheinander, das sich die Dresdener ganz alleine eingebrockt haben. Brücken schlagen weiterlesen

100 Jahre Nagel-Brot

„Die Leute haben seit einem Jahr gefragt, wann wir unser 100. Jubiläum feiern“, sagt die „Chefin“ Beate Nagel. Ihr Mann Bernd, der Bäckermeister, hält eigentlich nicht viel von solch öffentlicher Aufmerksamkeit. Selbst, als Beate Nagel im vergangenen Jahr für ihren Mut in der Wendezeit die „Goldene Henne“ bekam, blieb er lieber zu Hause. Aber wenn es ums Erzählen geht, ist man bei dem 69-Jährigen richtig.

Wann die Bäckerei wirklich 100 wird, ist nicht ganz klar. Es hat 1910 oder auch schon 1909 in der Marktstraße 23 / Ecke Neue Gasse angefangen. Damals übernahm Bernds Großvater Friedrich dort eine Bäckerei. Aber schon 1912 folgte der Umzug in das jetzige Domizil: Friedrich kaufte von seinem Stiefonkel, dem Hofbäcker Hermann Zetsche, die uralte Bäckerei ab. Für 32 000 Goldmark, weiß Bernd Nagel. Die sollen damals auf dem Wohnzimmertisch über dem Laden gestapelt gewesen sein, an dem die Nagels heute noch Kaffee trinken. Keine Bank, kein Kredit, Goldmark in bar.

„Bäckerei Friedrich Nagel“ heißt sie seitdem. Aber die eigentliche Seele des Geschäfts war Großmutter Frieda: „Die hat den Betrieb über alle Hindernisse gebracht“. Als der ersten Weltkrieg begann und ihr Mann Friedrich eingezogen wurde, als im zweiten Weltkrieg fünf Leute geholt wurden. Auch Bernds Vater Fritz, der das Geschäft erst 1939 übernommen hatte, nachdem Friedrich an den Spätfolgen einer Verletzung aus dem ersten Weltkrieg gestorben war.

1941, im Jahr von Bernds Geburt, wurde Fritz eingezogen und kam ohne Füße und mit gelähmtem Händen aus dem Winter vor Moskau zurück. Man hat ihn noch in die Backstube getragen, damit er den Backofen, den er selbst in Auftrag gegeben hatte, wenigstens noch sehen konnte. 1943 ist auch er gestorben.

Großmutter Frieda musste handeln. Ihre Tochter Elfriede, 1911 noch in der Marktstraße geboren, hatte einen Schweizer geheiratet. Der war zwar Ankerwickler, aber er wurde nach Arnstadt geholt und zum Bäcker umgeschult. Das hat nach dem Krieg den Familienbetrieb vor der Enteignung bewahrt, im Flur hing schließlich ein Schweizer Schutzbrief.

1954 ging Richard in die Schweiz zurück. Und Großmutter Frieda legte fest: Der Junge wird Bäcker. Der Junge war Bernd und damals 13 Jahre alt. Der Betrieb sollte damals an den Konsum gehen, weil Nagels keinen Meister vorweisen konnten. Da ist Frieda mit dem jungen Bernd nach Berlin gefahren, sie haben sich nach Niederschönhausen durchgefragt und sind bis ins Vorzimmer von Wilhelm Pieck vorgedrungen. Ein Referent versprach: „Der Präsident wird das mit Wohlwollen behandeln“. Eine Woche später hatten sie die Bäckerei wieder. 1978 starb die Großmutter, Bernd übernahm die Bäckerei auch offiziell. Und ein Jahr später lernte er Beate kennen.

Wenn man Bernd Nagel fragt, was besonderes an seinem Brot ist, für das viele Leute sehr weit fahren, dann sagt er: „Gar nichts. Wir machen es nur wie immer. Einfach mit Sauerteig und ohne Chemie“. 350 bis 400 Brote am Tag.

Bernd Nagel ist 69, da sind andere längst in Rente. „Es ist eigentlich nur eine wirtschaftliche Abwehrschlacht, man sollte nicht weiter machen“, sagt er manchmal. „Aber irgendwie hängt man ja doch dran.“

Entweder die Stasi – oder die Schranke ist zu

Wissenschaftler der Zeppelin Universität Friedrichshafen sind jetzt mit einer sensationellen Studie an die Öffentlichkeit getreten: Der 1989 von vielen so sehnlichst erwünschte Zusammenhang zwischen Stasi und Volkswirtschaft soll tatsächlich existieren. Leider aber nicht ganz so, wie es sich die Demonstranten vor den Stasi-Zentralen vorgestellt hatten. Die überraschende Erkenntnis: Wo damals mehr Spitzel waren, ist heute die Arbeitslosigkeit besonders hoch und die Bereitschaft zur Organspende geringer. Die Plattenverkaufszahlen der Puhdys und die Jahresmitteltemperatur in Ottendorf-Okrilla wurden dabei allerdings unberücksichtigt gelassen.
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