Wenn der DDR-Bürger nicht mehr weiter wusste, schrieb er eine Eingabe. 410 solche Beschwerden gingen 1989 beim Rat der Stadt Arnstadt ein, mehr als eine pro Tag. Sie erzählen von Mangelwirtschaft und Missständen, aber auch vom Selbstbewusstsein der Verfasser. Heute liegen diese Akten im Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt. Wenn man sie mit einem Abstand von 30 Jahren liest, geben sie einen interessanten Einblick in ein Land, das vor seinem Ende stand.
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Ruine Lindeneck
Das Parkett wellt sich bis zu einem Meter hoch auf der Fläche im großen Saal, wo früher getanzt wurde. Überall liegt Schutt herum, Lichtleitungen sind herausgerissen, Einbaumöbel zerstört. Vandalismus und mehrere Brände haben ihre Spuren im Lindeneck hinterlassen. Das Dach ist undicht und die Wände sind zum Teil schon mutwillig durchgebrochen.
Es war ein verheerendes Bild, das sich den Mitgliedern des Bauausschusses bei einer Ortsbesichtigung bot. Denn bisher war im Ausschuss nur über das Haus geredet worden, das schon länger leer steht.
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Unfall im Niemandsland
Bernd Licht ist jetzt 64 und wohnt in Kanada, er betreibt in Alberta ein Jagdunternehmen. Wenn er es schafft, kommt er einmal im Jahr nach Arnstadt, wo er einst geboren wurde und wo seine anhaltende Liebe zur Taubenzucht seine Wurzeln hat. Und von wo aus er 1977 nach dem Westen ausreiste. An die Umstände kann er sich noch genau erinnern. Es ist eine fast unglaubliche Geschichte.
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Damals im RFT-Kulturhaus
Seit einigen Tagen muss ich wieder öfter daran denken, wie es so war, damals im RFT-Kulturhaus. Als am Abend des 30. Juli der Brandgeruch aus der vernagelten Ruine des »Lindenecks« drang, war mir schon recht mulmig zumute. Es war ein Stück Vergangenheit, dass da brannte. Meiner Vergangenheit.
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Auslaufmodelle
Seinerzeit, als Marktwirtschaft in diesen Breiten noch als Kneipe neben dem Rathaus interpretiert wurde, gab es die spaßige Aufgabe, aus den Worten »Hammer« und »Leiter« einen Satz zu bilden. Die Lösung: Hammer leider nich.
Dann kam die Wende. Und es gab alles und immer. Hat man so gedacht.
Aber ich stolperte kürzlich erst wieder in eine Marktlücke, als ich versuchte, einen bestimmten Männerduft zu erwerben, dem ich seit Jahren die Treue halte. Ich war froh, dass der Duft außer meiner eigenen Frau auch noch mindestens einer anderen gefiel, woraus sich nicht einmal familiäre Verstrickungen ergaben. Warum also nicht dabei bleiben?
Aber es war mir nicht vergönnt. Selbst die DDR-typische Jagd durch mehrere Einzelhandelsverkaufsstellen brachte keinen Erfolg. Die Serie sei ausgelaufen, hieß es. Auch das kam mir von früher bekannt vor. Von den Milchtüten.
Gagarins Lächeln
Vor 50 Jahren flog ein Mensch ins All, der für mich mehr war als der erste Kosmonaut. Es war ein Mann, der unvergleichlich lächeln konnte. Ein Lächeln, das entwaffnend war und weise zugleich. Dieses Lächeln war nur für mich bestimmt. Denn mit Gagarin hatten die Guten gewonnen. Und ich war auf ihrer Seite.
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Entweder die Stasi – oder die Schranke ist zu
Wissenschaftler der Zeppelin Universität Friedrichshafen sind jetzt mit einer sensationellen Studie an die Öffentlichkeit getreten: Der 1989 von vielen so sehnlichst erwünschte Zusammenhang zwischen Stasi und Volkswirtschaft soll tatsächlich existieren. Leider aber nicht ganz so, wie es sich die Demonstranten vor den Stasi-Zentralen vorgestellt hatten. Die überraschende Erkenntnis: Wo damals mehr Spitzel waren, ist heute die Arbeitslosigkeit besonders hoch und die Bereitschaft zur Organspende geringer. Die Plattenverkaufszahlen der Puhdys und die Jahresmitteltemperatur in Ottendorf-Okrilla wurden dabei allerdings unberücksichtigt gelassen.
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Wie funktioniert der Arnstädter Stadtrat?
Ich hatte heute einen netten Abend, denn ich habe endlich herausgefunden, wie der Arnstädter Stadtrat funktioniert: Er tut es gar nicht. Es sieht nur so aus.
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Das DDR-Spiel
Am Arnstädter Gymnasium tauchten in dieser Woche vier Klassen in die jüngere Vergangenheit ein. Die Stasi saß auch gestern wieder in dem Büro in der ersten Etage, gleich neben dem Sitz der SED-Kreisleitung. Mit beiden Institutionen sowie einer aufmüpfigen Jugendband unter dem Dach der Kirche wurde im Arnstädter Gymnasium die DDR nachgespielt. Eine Projektwoche auf der Suche danach, wie es wirklich war.
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