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Das Menschenrecht auf Depression

Der Schnee dieser Woche machte es fast vergessen: Es ist noch immer Herbst. Mit Nebel, Mistwetter und mürrischen Gesichtern auf den Straßen. Eigentlich schade, dass er bald vorbei ist.

Wenn es neblig ist, kann man sich endlich einmal ungestraft schlecht fühlen. Ohne dass sofort einer fragt, warum man solch eine Laune hat. Und falls doch, sagt man einfach: Das Wetter. Und jeder noch so lästige Zeitgenosse nickt plötzlich ganz verständnisvoll: Du mich auch.

Der Herbst ist eine geniale Jahreszeit, weil das Animationsprogramm des sonst so durchorganisierten Event-Aufenthaltes auf Erden Pause macht. Man muss nicht gebräunt aussehen. Man kann sogar Hüftspeck haben und sich trotzdem gut fühlen, weil die T-Shirt-Pflicht aufgehoben ist. Man kann mürrisch dreinschauen – und niemand nimmt daran Anstoß. Im Gegenteil: Der aufmerksame Beobachter wird feststellen, wie glücklich all die schniefenden, mürrischen, maulfaulen Mitmenschen in Wirklichkeit sind. Denn sie brauchen sich nicht zu verstellen.

Der Mensch ist so. Den Zustand permanenten Glücks und vollendeter Harmonie, den die Werbung ihm als Ideal vorgaukelt, hält er höchstens eine Woche lang am Stück aus. Spätestens dann fordert ein Menschenrecht seinen Tribut, das nicht mehr länger geleugnet werden darf: Das Recht auf eine gesunde Depression. Sicher, das ist eine unbequeme Wahrheit. Doch sie hält der Überprüfung am Alltags-Verhalten des Homo Sapiens stand. Wozu bräuchte die Menschheit Fernsehsendungen wie Casting- oder Talkshows, wenn es nicht einen natürlichen Hang des Zuschauers zur Depression gäbe? Und warum rennen so viele zu furchtbar schlechten Fußballspielen? Oder warum ertragen erwachsene Menschen, selbst wenn sie etwas Ordentliches gelernt haben, geduldig und mit entrückter Miene das Inferno einer Stadtrats- oder Kreistagssitzung?

Es ist gut, dass es die kleine Depression zwischendurch gibt. So wie Alkohol, Heino oder der kommunale Finanzausgleich auch nicht immer und für jeden etwas Schlechtes sind. Natürlich gibt es Grenzen: Wenn man zu viel davon hat, sollte man seinen Arzt oder Apotheker zu Rate ziehen. Aber der Rest der Menschheit darf sich weiter allsommerlich auf den Herbst freuen. Wenn es auch innerlich so schön trübe wird.

Der Spruch auf dem Betttuch

Heute vor 20 Jahren gingen die Arnstädter zum zweiten Mal auf die Straße, um für Veränderungen zu demonstrieren – diesmal nicht so leise wie eine Woche zuvor und mit einem gewaltsamen Ende. Eine, die damals dabei war und dafür sogar ins Gefängnis ging, ist Beate Nagel. Erst jetzt, nach 20 Jahren, wurde sie für ihren Mut geehrt. Vor genau einer Woche erhielt sie als Heldin des Alltags in Berlin eine Goldene Henne. Der Spruch auf dem Betttuch weiterlesen

Was für ein Leben

Ein damals 25-Jähriger hat im September 1989 die Wende in Arnstadt ausgelöst. Günther Sattler brachte mit einem Flugblatt die Arnstädter dazu, auf die Straße zu gehen. 20 Jahre danach habe ich ihn besucht.  Günther Sattler  denkt noch heute mit gemischten Gefühlen an diese Tage zurück. Ein Held will er nicht gewesen sein. Aber er hat zur richtigen Zeit etwas getan, auf das alle gewartet haben.
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Das DDR-Spiel

Am Arnstädter Gymnasium tauchten in dieser Woche vier Klassen in die jüngere Vergangenheit ein. Die Stasi saß auch gestern wieder in dem Büro in der ersten Etage, gleich neben dem Sitz der SED-Kreisleitung. Mit beiden Institutionen sowie einer aufmüpfigen Jugendband unter dem Dach der Kirche wurde im Arnstädter Gymnasium die DDR nachgespielt. Eine Projektwoche auf der Suche danach, wie es wirklich war.
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Bennos Bilder

Der Ilmkreis-Landrat ist zwar im Urlaub, sorgt aber zumindest im Amtsblatt für optische Präsenz. Denn Benno Kaufhold fotografiert nicht nur gern, er wird auch oft fotografiert. Deshalb wäre es für ihn bitter, wenn der gemeine Ilm-Kreisler den Blick in das Antlitz seines Landrats längere Zeit entbehren müsste, nur weil der Urlaub hat. Benno Kaufhold weiß das und hat vorgesorgt.

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Nachdenkliches Jubiläum

Schulzimmer im Marienstift
Schulzimmer im Marienstift

Natürlich wissen nicht nur die älteren Arnstädter, wer Friedrich Behr war. Bis 1958 leitete der Pfarrer das Marienstift und sorgte auch in Zeiten, da die Kirche in der Gesellschaft in eine unbedeutende Nebenrolle gedrängt werden sollte, unter schwierigen Bedingungen für einen Fortbestand und die Mehrung des guten Rufes der Einrichtung. Grund genug, seines 110. Geburtstages zu gedenken. Aber, wie es Friedrich Behr wohl auch selbst gehalten hätte, nicht mit einer Jubelfeier, sondern mit Nachdenken über Lehren aus der Vergangenheit und mögliche Fährnisse von Gegenwart und Zukunft. Nachdenkliches Jubiläum weiterlesen